Ein EPA-Feind als EPA-Chef

An die Spitze der US-Umweltbehörde Environmental Protection Agency kommt aller Voraussicht nach ein erklärter Gegner ihrer bisherigen Arbeit. Allerdings wird er sich mit Tatsachen auseinandersetzen müssen.

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Von
  • James Temple
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Bei der Environmental Protection Agency (EPA) stehen die Zeichen auf Wandel: Als Kandidaten für den Chefposten in der US-Umweltbehörde hat der neue US-Präsident Donald Trump ausgerechnet Scott Pruitt ausgewählt. Dabei hat Pruitt die Behörde bereits mehr als ein Dutzend Mal verklagt, und Trump selbst hat angekündigt, sie abzuschaffen.

Öffentliche Aussagen und durchgesickerte Dokumente lassen erkennen, dass Pruitt und die neue Regierung die Zuständigkeit der EPA einengen, die Zahl ihrer Mitarbeiter verringern und Bemühungen um eine Verringerung von Treibhausgas-Emissionen zurückfahren wollen. "Wir wissen nicht genau, was Pruitt vorhat", sagt Chris Field, Direktor des Stanford Woods Institute for the Environment. "Eindeutig aber hat er in der Vergangenheit klimawissenschaftliche Erkenntnisse angezweifelt und sich für kurzfristige Interessen bei der Förderung von fossilen Brennstoffen eingesetzt."

Wahrscheinlich ist, dass Pruitt eine Reihe von Umweltstandards angehen wird, die unter Präsident Obama verabschiedet wurden, darunter den Clean Power Plan und strengere Effizienzvorgaben für Autos. Eine Aufhebung dieser Vorgaben würde es für die USA noch schwieriger machen, ihre ohnehin ambitionierte Selbstverpflichtung nach dem bahnbrechenden Pariser Klimaabkommen zu erfüllen.

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Ohne Kampf aber wird Pruitt diese Veränderungen nicht durchsetzen können. Die in Frage stehenden Regeln wurden nach harten juristischen Auseinandersetzungen erlassen und basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sie zurückzunehmen, würde lang anhaltende Diskussionen und fast mit Sicherheit auch Klagen mit sich bringen.

Als Generalstaatsanwalt des Bundesstaats Oklahoma hatte sich Pruitt einer Initiative mehrerer Bundesstaaten angeschlossen, um die EPA wegen ihres Clean Power Plan zu verklagen. Diese Vorschrift verlangt von Kraftwerksbetreibern, ihren Kohlendioxid-Ausstoß 2030 um 32 Prozent zu verringern. Derzeit wird sie vom Supreme Court überprüft und ist in der Zwischenzeit ausgesetzt.

Bei der Anhörung im Senat, der seine Berufung bestätigen muss, sagte Pruitt zudem, er werde auch eine Entscheidung der Obama-Administration überprüfen, Standards zur Treibstoff-Effizienz festzuschreiben, die bis zum Modelljahrgang 2025 eine weitere Verschärfung vorsehen. Außerdem wollte er sich nicht darauf festlegen, dass Kalifornien weiterhin erlaubt wird, eigene Emissionsvorgaben für Autos zu machen, wie es seit Jahrzehnten der Fall war. Die Ausnahmeregelung hat bislang dazu beigetragen, dass auch die Standards anderer Bundesstaaten und auf Bundesebene strenger wurden.

Nach dem Pariser Abkommen haben sich die USA verpflichtet, ihre Emissionen bis 2025 um 26 bis 28 Prozent unter das Niveau von 2005 zu senken. Das entspricht einer Reduzierung um 2,1 Milliarden Tonnen an Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen, wie aus einer Studie des Lawrence Berkeley Lab vom vergangenen September hervorgeht. Allein der Clean Power Plan könnte laut dem Bericht 267 Millionen Tonnen oder 12 Prozent des Gesamtziels ausmachen.

Eine Überarbeitung oder Abschaffung von Vorgaben zur Treibstoffeffizienz könnte ebenfalls erhebliche Auswirkungen auf die Emissionsziele haben. Im Jahr 2012 schätzte die EPA, dass immer effizientere Autos und Lastwagen in 2025 rund 140 Millionen Tonnen weniger Treibhausgas-Emissionen bedeuten würden.

Sowohl die Abschaffung der US-weiten Effizienz-Standards als auch die Aufhebung der Ausnahmeregelung für Kalifornien würde einen langen Prozess mit öffentlicher Bekanntmachung und Kommentierung erfordern, sagt Danny Cullenward, ein Energieökonom und Rechtsanwalt beim Near Zero Program der Carnegie Institution.

Allerdings hat die Trump-Regierung mehrere Optionen, um dem Clean Power Plan die Zähne zu ziehen. Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass die EPA diese Vorschrift zurückzieht und durch eine engere ersetzt, sagt Michael Wara, der sich als Associate Professor für Recht an der Stanford University mit Energie- und Umweltfragen beschäftigt. Aber auch das werde lange öffentliche Anhörungen und fast mit Sicherheit Klagen nach sich ziehen.

Eine noch aggressivere Option wäre laut Wara, die Zuständigkeit der EPA allgemein einzuschränken, zum Beispiel über Veränderungen am Clean Air Act durch den Kongress. Und der Professor nennt noch eine "nukleare Option": Pruitt könnte die von der EPA getroffene Feststellung, dass Treibhausgas-Emissionen Schadstoffe sind, die in ihre Zuständigkeit nach dem Clean Air Act fallen, in Frage stellen.

"Das wäre allerdings unglaublich schwierig", erklärt Wara. "Die Regierung müsste dann Berge von Belegen dafür widerlegen, dass Treibhausgas-Emissionen tatsächlich schädlich sind. Und in der Welt des Erlassens von Vorschriften spielen Fakten immer noch eine Rolle."

(sma)