Telefonbetrug mit "Hören Sie mich?"

Eine neue Betrugsmasche ist in Nordamerika en vogue: Anrufer fragen "Können Sie mich hören?". Wer "Ja" sagt, wird anschließend unangenehm verfolgt. Auch im deutschen Sprachraum versuchen Betrüger ihr Glück.

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Festnetztelefon mit Tasten

Netzabschlusspunkt für einen ortsfesten Fernsprechdienst

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.

Betrüger versuchen in den USA seit einiger Zeit Personen am Telefon dazu zu bringen, "Ja" zu sagen. Neuerdings ist die Betrugsmasche auch über die Grenze nach Kanada gekommen, wie der öffentliche kanadische Rundfunk CBC warnt. [Update:] Auch in Europa wird der Trick versucht. [/Update] Die Anrufer spielen beispielsweise Probleme mit ihrem Endgerät vor und fragen dann: "Können Sie mich jetzt hören?". Ihr Ziel: Eine Aufnahme des Anschlussinhabers, wie er "Ja" sagt.

Dieser Teil der Aufnahme wird dann mit anderen Aufnahmen des Anrufers zusammengeschnitten, so dass der Eindruck entsteht, der Angerufene habe eine teure Bestellung aufgegeben. Angerufen werden sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen. Später versuchen die Betrüger mit den verfälschten Aufnahmen die Opfer ihres Betrugs zu Zahlungen zu bewegen; oder sie beauftragen ein Inkassobüro mit der Eintreibung der angeblichen Schuld. Dabei kann es sich um echte oder vorgebliche Inkassobüros handeln.

Aufträge an echte Inkassobüros haben den besonderen Nachteil, dass sie zumindest vorübergehend zu einer schlechteren Bonitätsbewertung des Opfers führen. Das kann neben Schwierigkeiten mit Banken für Privatpersonen auch zu Problemen bei der Wohnungssuche, höheren Versicherungsprämien und ausbleibendem Erfolg bei der Arbeitssuche führen. Die Korrektur der Bonitätsbewertung ist grundsätzlich möglich, kann aber zum langwierigen Spießrutenlauf ausarten.

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Solche drohenden Kalamitäten erhöhen die Zahlungsbereitschaft der Opfer. Die Betrüger sind nicht einfältig. Neben der Frage "Hören Sie mich?" haben sie noch viele andere Fragen auf Lager, die einfache Ja/Nein-Antworten herausfordern, etwa "Sind Sie der Hauseigentümer?", oder "Zahlen Sie die Haushaltsrechnungen?". Der Rat von Verbraucherschützern, am Telefon gegenüber Unbekannten nicht "Ja" zu sagen, ist leichter gegeben als befolgt.

[Update 17:12 Uhr:] Die Betrugsmasche wird aktuell auch in Europa gestrickt. Die Betrüger sind dabei mit Daten über die Zielperson vorbereitet. heise-Leser Ole Runge berichtet über einen Anruf, der heute bei ihm in Baden-Württemberg eingegangenen sei: "Nachdem der Anrufer auffallend penetrant ein 'Ja' von mir hören wollte, habe ich aufgelegt. Er rief sofort wieder an, und meinte, er würde eine Rechnung über 125 Euro für das Auflegen an meine Adresse schicken. Er nannte die korrekte Adresse. Meine Rückfrage, für welche Leistung er eine Rechnung schreiben würde, beantwortete er so: 'Das ist bei uns hier so, dass auflegen 125 Euro kostet.' Daraufhin hat er aufgelegt."

Der Anrufer habe angegeben, von einer italienischen Firma aus anzurufen. Das passte laut Runge auch zum Akzent des Anrufers. Die angekündigte Rechnung ist selbstredend lächerlich. Eine Rechtsgrundlage gibt es dafür ebenso wenig, wie für Zahlungswünsche, die mit zusammengeschnittenen Aufnahmen "untermauert" werden. Es ist kein Rechtsgeschäft zu Stande gekommen. Opfer sollten Anzeige erstatten, und dabei Datum und Uhrzeit der Anrufe sowie gegebenenfalls die angezeigten Rufnummern nennen. [/Update] (ds)