60 Millionen Euro versenkt: Bundesagentur für Arbeit stoppt IT-Projekt ROBASO

60 Millionen Euro steckte die Bundesagentur in das Projekt ROBASO, das 14 verschiedene Anwendungen bündeln sollte. Im Praxistest zeigte es sich als unbrauchbar, nun zieht die Agentur die Notbremse.

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Arbeitsagentur, Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsamt
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Die Bundesagentur für Arbeit stoppt ein millionenschweres Software-Projekt, das 14 verschiedene eigene Anwendungen auf einer Plattform bündeln sollte. In einem Pilottest, der im Oktober 2015 begann, zeigte sich ROBASO (Rollenbasierte Oberflächen) nämlich als zu unflexibel, um den Praxis-Anforderungen gerecht zu werden. Insgesamt 60 Millionen Euro wurden in die seit 2010 laufende Entwicklung des Projekts gesteckt.

"Die Defizite hätten nicht zeitnah und wirtschaftlich behoben werden können", heißt es in einer Mitteilung der Arbeitsagentur. Informationen der dpa zufolge wären etwa nachträgliche Änderungen wie die Korrektur einer Kontonummer nicht möglich gewesen – der Nutzer hätte den Satz mit sämtlichen Leistungs- und Vermittlungsdaten komplett neu eingeben müssen. Es handelte sich um eine Eigenentwicklung der Bundesagentur.

Damit so etwas nicht noch einmal passiert, soll die Software-Entwicklung künftig früher durch Praxistests begleitet werden, erklärt die Behörde. Großprojekte will sie zudem regelmäßig auditieren. Derzeit laufende Projekte seien ebenfalls geprüft worden, Grund zur Beanstandung gab es aber nicht. Die rund 90.000 Mitarbeiter der Arbeitsagenturen werden nun bis auf Weiteres die bestehenden Einzelanwendungen für Jobvermittlung und Leistungsabrechnung verwenden, hieß es. Zwischen 2011 und 2016 hat die Bundesagentur für Arbeit rund 4,5 Milliarden Euro in Betrieb und Entwicklung ihrer IT gesteckt.

[UPDATE, 16.02.2017, 16:05]

Inzwischen hat die Bundesagentur für Arbeit auf Anfrage von heise online weitere Details genannt. Die Eigenentwicklung wurde demnach nicht unerheblich über Beteiligung von externen Dienstleistern gestemmt – 42 Millionen der 60 Millionen Euro seien dafür geflossen. Die eingekauften Spezialisten seien nötig gewesen, da es bislang keine den Anforderungen entsprechende Standardsoftware gegeben habe. Beim Projekt wurde eine "klassische, etablierte Entwicklungsmethode verwendet“, die sich auch schon bei anderen Großprojekten bewährt habe. Beteiligte Dienstleister könne man nicht nennen.

Die Software sei "im Grunde eine gute Idee“ gewesen, die Mitarbeitern verschiedener Bereiche Doppeleingaben und Wechsel zwischen Programmen ersparen sollte. Die Umsetzung der guten Idee hatte dann wohl aber wenig Bestand: „Erst bei der Pilotierung im Februar 2016 wurde festgestellt, dass es eben kein standardisiertes Systemgeschäft gibt und die komplexen und vielfältigen Fallgruppen der Kundenanliegen einer sehr differenzierten Arbeitspraxis bedürfen.“

Warum die fünfjährige „Labor“-Phase der Software nicht schon vorher durch Tests ergänzt wurde, erklärte der Sprecher damit, dass es keine Anzeichen für einen Misserfolg des Projekts gegeben habe. Erst im Realbetrieb seien die Probleme erkennbar gewesen – externe Audits hätten das auch bestätigt. ROBASO sei zudem „konsequent“ von Risikomanagement-Prozessen begleitet worden, ab 2013 auch mit externen Dienstleistern.

Personelle Konsequenzen aus dem Scheitern verneinte der Sprecher der Behörde. Was nun mit der unbrauchbaren Software passieren wird, ist auch noch offen: Projektschluss sei zwar schon der 31.12.2016 gewesen, Nachbetrachtung und Aufarbeitung des Millionenflops dauerten aber noch an.
(axk)