Kommentar: LiMux-Aus ist schade, aber kaum überraschend

Dass sich Münchens Stadtverwaltung von Linux abwendet und wieder unter Microsofts Fittiche begibt, ist schade, aber teils auch verständlich, meint Moritz Förster – und warnt vor der Datenschutz-Katastrophe.

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Kommentar: LiMux-Aus ist schade, aber kaum überraschend
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Ganz überraschend kommt das Aus für den Pinguin in München nicht. Doch kann man abseits der politischen Hinterlisten mit Amigos aus der Wirtschaft vielleicht den Frust vieler Nutzer verstehen? Ist Linux auf dem Desktop eine Qual? Leider muss man sagen: Ja, definitiv. Über manche Kritik mag man lachen, aber gerade die fehlende Integration mit der Außenwelt ist für eine Verwaltung tödlich.

Ein Kommentar von Moritz Förster

Moritz Förster schreibt seit 2012 für die iX und heise online. Er betreut neben dem iX-Channel die Bereiche Arbeitsplatz und Server.

Wenn alle Welt Microsofts Formate für Dokumente verwendet und man in der bayerischen Landeshauptstadt dann mühsam die Informationen herausklauben muss, interessiert sich der Sachbearbeiter nicht für das Ideal freier Software. Und zu viele Entwickler stehen sich selbst im Weg. Vom Fenstermanager über den Editor bis zum E-Mail-Client ertrinken Normalsterbliche schnell im Wust der Forks und Alternativen.

Ist der Wechsel also zu begrüßen? Nein, ebenso definitiv nicht. Und zwar nicht, weil Windows 10 nicht auch seine Probleme hätte. Bugs und fehlgeschlagene Updates bekommt der Konzern früher oder später schon in Griff. Aber Microsoft hat bewiesen, dass es kein Interesse daran hat, seinen Nutzern die Kontrolle über ihre Systeme zuzugestehen.

Der Konzern will die Zügel selbst in der Hand halten, wenn es um das Wohl der Endnutzer geht. Am liebsten sollten Administratoren nicht mehr entscheiden dürfen, wer wann welche Aktualisierungen und neue Anwendungen erhält. Getreu dem Motto "Cloud First, Mobile First" baut Microsoft seine Beziehung zum Kunden um. Da das mit Mobile nicht so richtig funktioniert hat, muss die Cloud nur umso stärker herhalten.

Und das ist gerade für den Datenschutz eine Katastrophe. Für manche Privatpersonen mag es noch zu verschmerzen sein, dass Urlaubsbilder nicht mehr auf der lokalen Festplatte liegen. Aber öffentliche Institutionen sollten sich genau überlegen, wohin zentrale Informationen zu bayerischen Bürgern abfließen. Ist die Verwaltung einmal von Microsoft abhängig, wird das Unternehmen regelmäßig die Daumenschrauben anziehen. Im Sinne neuer Verbesserungen zur Personalisierung des Benutzererlebnisses und der Sicherheit vor bösen Buben durch die Public Cloud.

Dabei spielt der Client heute so oder so eine untergeordnete Rolle. Das Konzept von LiMux stammt noch aus Zeiten von Windows XP. Anwendungen laufen lokal und Mitarbeiter tauschen alles manuell aus. Bei einer zeitgemäßen Private Cloud ist vielmehr der Browser wichtig. Und da muss Linux auf dem Desktop selten den Kürzeren ziehen. Hier eine für Admins wie Endnutzer freundliche Umgebung zu entwerfen, hätte einem fortschrittlichem München besser getan. (vbr)