Zahlen, bitte! Der Weg zur Elektromobilität führt über 35.000 Ladepunkte

Mit der Frage, wie viel Ladeinfrastruktur insgesamt für eine Million Elektroautos nötig ist, haben sich Forscher des DLR und des KIT beschäftigt. Ihre Handlungsempfehlungen sind ambitioniert.

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Zahlen, bitte – Der Weg zur Elektromobilität führt über 35.000 Ladepunkte
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Inhaltsverzeichnis

"Über sieben Brücken musst du geh'n", trällerten einst Karat (und später dann Peter Maffay) – für die Elektromobilität müsste der beliebte Schlager etwas umgedichtet werden: "35.000 Ladepunkte musst du bau'n", wenn es nach den Berechnungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) geht.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Das lässt sich zwar nicht ganz so gut singen, gibt aber dennoch einen treffenden Soundtrack zu den Herausforderungen, denen die Automobilindustrie und die deutsche Bundesregierung im Bereich der Elektromobilität gegenübersteht.

Das Ziel, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf die deutschen Straßen zu bringen, wird immer relevanter angesichts der gesteckten Energie- und Klimaschutzziele. Doch bei einem Bestand von 34.022 registrierten Elektroautos in Deutschland ist das Ziel noch in weiter Ferne.Einer der Schlüsselfaktoren, um die Elektromobilität für Autofahrer attraktiver zu machen, ist der Ausbau der Ladeinfrastruktur. Daher haben DLR und KIT im Projekt LADEN2020 erstmals den Gesamtbedarf ermittelt, der für die angestrebte Zahl von E-Autos (batterieelektrisch und Plug-in-Hybrid) nötig ist. Der Fokus lag hier auf Pkw und leichten Nutzfahrzeugen. Das Ergebnis: Eine Million Stromer benötigen circa 35.000 öffentliche und halböffentliche Ladepunkte. Die Summe speist sich laut der Forscher aus 33.000 öffentlichen und halböffentlichen Ladestationen, etwa beim Einkaufen. Im Fernverkehr, also bei Strecken über 100 Kilometern, sind 2.600 öffentliche Ladepunkte nötig. Außerdem halten die Forscher bis zu 4.000 Schnellladepunkte für den Alltagsverkehr für angebracht.

In ihre Analyse flossen unter anderem Informationen aus nationalen Verkehrsbefragungen mit ein. Die Projektbeteiligten entwarfen Bestandsszenarien und bewerteten die Ladeinfrastruktur unter den Gesichtspunkten Ladekosten, Ladezeit, Umwelt und Aufwand.

Eingestöpselt: Der Ausbau der Ladeinfrastruktur ist einer der ausschlaggebenden Faktoren für die Akzeptanz und Verbreitung von Elektrofahrzeugen.

(Bild: DLR )

Im Ergebnis unterscheiden sie die Ladeinfrastruktur für Alltags- und Fernverkehr. Für den Alltagsverkehr stellt sich der Analyse nach heraus, dass bei steigender Reichweite von künftigen Elektroautos der Bedarf an der Dichte von Ladeinfrastruktur nicht in gleichem Maße sinkt: Steigt etwa die Reichweite um 50 Prozent, sinkt der Bedarf lediglich um 17 Prozent, also nur um ein Drittel im Vergleich zur Reichweitenerhöhung. Dagegen hat ein höherer Anteil von privaten Ladepunkten einen verringerten Bedarf an öffentlicher- und halböffentlicher Ladeinfrastruktur zur Folge.

Für eine Basis im Fernverkehr seien insgesamt 829 Ladepunkte notwendig, ermittelt das Projekt. Davon sollten sich 650 Ladepunkte an Autobahnen befinden, 179 an Bundesstraßen. Dabei sollten mehr Ladesäulen pro Standort eingerichtet werden, um die Wartezeiten kurz zu halten. Berücksichtigen müssen man vor allem die höhere Nachfrage am Wochenende und in den Ferien. Die Ladeinfrastruktur profitiere indes mehr als der Alltagsverkehr von einer höheren Reichweite der Autos. Geringerer Ladebedarf und geringere Dichte der Infrastruktur sind dadurch möglich. Vor allem die Ladewartezeiten spielen eine Rolle.

Das DLR und das KIT haben gemeinsam berechnet, wie die Ladeinfrastruktur Deutschlands für eine Million Elektrofahrzeuge ausgebaut sein müsste.

(Bild: Wikipedia / Public Domain)

Der berechnete Handlungsplan für die Ladeinfrastruktur ist daher streng getaktet. Während man bis Jahresende 2016 15 Prozent der erforderlichen Ladeinfrastruktur bereitstellen sollte, ist 2017 und 2018 ein Ausbau von 30 beziehungsweise 40 Prozent notwendig, um der wachsenden Zahl von E-Autos gerecht zu werden. Die restlichen 15 Prozent müssten dann in 2019 hinzugebaut werden. Parallel ist die technische Weiterentwicklung gefragt. Stellschrauben sind hier etwa das Lademanagement, das dafür sorgen könnte, dass parkende Autos keine Ladestationen blockieren. Desweiteren seien Smart-Grid-Technologien und Energiespeicher gefragt, da man davon ausgehen muss, dass bei einer erhöhten Zahl von privaten Ladestationen Privat-Pkw vor allem nachts und in den Abendstunden Strom "tanken".

Welche Elektroautos bereits heute von der bestehenden Ladeinfrastruktur speisen, zeigt die Bilderstrecke:

Elektroautos in Deutschland (70 Bilder)

Volkswagen liefert seit September 2020 mit dem ID.3 den ersten Elektro-Pkw seiner Großoffensive auf dem E-Sektor aus.
(Bild: heise Autos)

(jle)