Fake News und Hass: SPD will Auskunftsanspruch gegen Facebook & Co.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat ihre Position abgesteckt, wie sie das Recht in sozialen Netzwerken angesichts zunehmender Falschmeldungen und Hasskommentare besser durchsetzen will. Anonymität soll aufgehoben werden.

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(Bild: dpa, Armin Weigel/Illustration)

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Nach dem Koalitionspartner hat jetzt auch die SPD-Bundestagsfraktion ein Positionspapier beschlossen, in dem sie sich für einen "neuen Regulierungsrahmen für soziale Netzwerke" ausspricht. "Gezielte Falschmeldungen, Propaganda und immens zunehmende Hassrede, die nicht effektiv bekämpft und verfolgt werden können, bergen eine große Gefahr für das friedliche Zusammenleben und für die freie, offene und demokratische Gesellschaft", heißt es darin. Das Internet sei jedoch "kein rechtsfreier Raum, in dem rassistische Hetze oder sonstige strafbare Äußerungen verbreitet werden dürfen". Geltende Bestimmungen müssten daher auch bei Facebook, Google und Co. entschiedener durchgesetzt werden.

Die Sozialdemokraten wollen mit der Initiative Nutzern das Gefühl nehmen, in Online-Foren anonym zu sein und unbehelligt rhetorisch über die Stränge schlagen zu können. Hinter Pseudonymen soll sich in sozialen Netzwerken hierzulande niemand mehr verstecken können. Die Fraktion will so Opfern "strafrechtlich relevanter Persönlichkeitsverletzungen" einen weit gestrickten zivilrechtlichen Auskunftsanspruch mit entsprechendem Richtervorbehalt gegenüber den Plattformbetreibern in die Hand geben. Damit sollen Betroffene "die Identität des Täters" in Erfahrung bringen können, wie dies heute schon "bei Urheberrechtsverletzungen" möglich sei.

Dass das umstrittene Instrument im Copyright-Bereich zu massiven Abmahnwellen geführt hat, erwähnt die SPD nicht. Sie begründet ihren Vorstoß damit, dass Staatsanwaltschaft und Polizei Ermittlungen bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen oft "mangels öffentlichen Interesses" einstellten und die Opfer auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Diensteanbieter, die ihren Mitgliedern "soziale Interaktion und den Austausch von Inhalten" ermöglichen, sollen zudem verpflichtet werden, eine rund um die Uhr erreichbare Kontaktstelle vorzuhalten. Deren Aufgabe sei es, die Strafverfolgungsbehörden zu unterstützen, also insbesondere schnell die "notwendigen Informationen wie Name und Adresse des Beschuldigten" zu liefern. Auch die Betroffenen sollten sich direkt an diesen Anlaufpunkt wenden können. Zuwiderhandlungen sollen "mit einer hohen Geldbuße geahndet werden", worauf sich Schwarz-Rot im Prinzip schon vorher geeinigt hatte.

Bei Landgerichten will die Fraktion parallel Spezialkammern einrichten, auch die Staatsanwaltschaften gesondert geschult wissen. Im Sinne einer 24-Stunden-Frist soll zudem die bereits bestehende Auflage für Plattformbetreiber konkretisiert werden, Beschwerden und Hinweise "unverzüglich" nachzugehen und offensichtlich rechtswidrige Äußerungen etwa mit "eindeutiger Gewaltverherrlichung, Beleidigungen" oder Volksverhetzung zu löschen. Bei komplizierten Fällen sollten inkriminierte Inhalte spätestens binnen sieben Tagen entfernt werden. Im Zweifelsfall müsse der Fall im Nachhinein gerichtlich geklärt werden, was seine Zeit in Anspruch nehmen könnte.

Mindeststandards für Mitarbeiter, die Beschwerden prüfen, hält die SPD für nötig. Nur so sei sicherzustellen, dass die zunächst beauftragten Kontrolleure entsprechend qualifiziert seien und geschützt würden. Gemeinsam mit den Ländern wollen die Sozialdemokraten ausloten, ob Berichtigungsansprüche in sozialen Netzwerken ausgebaut werden sollten. Für journalistisch-redaktionelle Telemedien gebe es bereits eine Pflicht zur Gegendarstellung. Es sei auch daran zu denken, bei Rechtsverstößen Unterlassungsklagen durch Wettbewerber oder Verbraucherverbände zuzulassen.

Betreiber sozialer Netzwerke will die Fraktion zudem dazu anhalten, "weitest mögliche Transparenz über die verwendeten Algorithmen und die Kriterien der Auswahl herzustellen, die den Newsfeed bestimmen". Dabei sollte auch erwogen werden, eine Nutzerbeeinflussung durch Werbung zu reduzieren. Geschäftsmodelle, "die auf der Verbreitung von Fake News und den damit verbundenen Werbeerlösen basieren", dürften nicht mehr möglich sein. Zu eruieren sei, ob Anbieter journalistisch-redaktioneller Inhalte privilegiert werden könnten, "um die Vielfalt auf Social-Media-Plattformen" sicherzustellen. Geprüft werden solle auch eine "Kennzeichnungspflicht von Social Bots".

Sprecher der Fraktion betonten dass es bei den geplanten Maßnahmen "nicht um die Schaffung neuer Straftatbestände und schon gar nicht um eine Einschränkung der Meinungsfreiheit" gehe. Branchenvertreter warnen dagegen seit Längerem vor einem drohenden Zensurmonster. Die CDU/CSU-Fraktion hatte bereits im Januar ein ähnliches Positionspapier verabschiedet, ihre Spitze drängt die SPD immer wieder mitzuziehen. Die Sozialdemokraten geloben nun: "Die Koalition wird umgehend einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg bringen." (mho)