Bundestag stellt sich hinter das geplante EU-Einheitspatent

Die Abgeordneten haben zwei Gesetzesinitiativen beschlossen, mit dem sie die umstrittene europäische Reform rund um das Einheitspatent und die zugehörige Gerichtsbarkeit in nationales Recht umsetzen wollen.

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Europäisches Patentamt in München

Das Europäische Patentamt in München

(Bild: dpa, Frank Leonhardt)

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Unverändert und ohne direkte abschließende Aussprache hat der Bundestag in den frühen Freitagmorgenstunden zwei Gesetzentwürfe der Bundesregierung vom Mai zur europäischen Patentreform ohne Gegenstimmen oder Enthaltungen verabschiedet. Mit der Initiative wollen die Abgeordneten die Vorgaben aus Brüssel für das seit vielen Jahren vorgesehene neue EU-Einheitspatent und das damit verknüpfte harmonisierte Patentgericht in nationales Recht umsetzen. Dies bildet die Basis dafür, dass Deutschland die einschlägigen Übereinkommen prinzipiell ratifizieren kann.

Das Einheitspatent kann erst etabliert werden, wenn mindestens 13 Mitgliedsstaaten den Vertrag für das gemeinsame Gericht angenommen haben. Dazu müssen Deutschland, Großbritannien und Frankreich gehören. Elf Nationen, darunter Frankreich, hatten ihn Ende 2016 bereits ratifiziert, der Bundestag nun die Weichen dafür gestellt. Im November verkündete die britische Regierung überraschend, die Übereinkunft für das Patentgericht ebenfalls trotz des Brexit-Votums ratifizieren zu wollen. Bei dem Vertrag handelt es sich um zwischenstaatliche Absprache, nicht um materielles EU-Recht, sodass dieser Beitritt der Briten theoretisch möglich bliebe.

Der umstrittene Präsident des Europäischen Patentamts, Benoît Battistelli, hat sich nach Angaben der Münchner Behörde vergangene Woche mit dem neuen britischen Staatsminister für Immaterialgüterrechte, Jo Johnson, getroffen. Er zeigte sich im Anschluss erfreut darüber, dass der Regierungsvertreter die Ratifizierung vorantreiben wollw. Das Patentgericht sollte damit am 1. Dezember seine Arbeit aufnehmen können.

Zwei Dutzend britische Firmen und über 100 Einzelpersonen haben derweil bereits eine Petition gegen den Gerichtshof unterzeichnet, die der Förderverein für eine freie informationelle Infrastruktur (FFII) ins Leben gerufen hat. Sie fordern eine breite parlamentarische Debatte über die Umsetzungspläne, da sie fürchten, dass vor allem große US-Konzerne und andere "Patent-Trolle" künftig über die neue Instanz mittelständische Unternehmen ohne großes Portfolio an gewerblichen Schutzrechten in Europa in Grund und Boden klagen könnten. Besonders die umkämpften Softwarepatente dürften durch die vereinheitlichte Rechtsprechung leichter durchgesetzt werden, fürchten die Mitstreiter.

Update 14.03.2017: Bei der Verabschiedung in der Nacht um 1:30 Uhr waren nur noch rund 35 von 630 Abgeordneten anwesend. Dies könnte das Gesetzgebungsverfahren angreifbar machen. Das Problem liege darin, dass Hoheitsrechte auf eine internationale Organisation in Form des einheitlichen Patentgerichts übertragen werden sollten, erklärte der Düsseldorfer Anwalt für gewerblichen Rechtsschutz Ingve Stjerna gegenüber heise online. Es gebe "gute Argumente dafür", dass nach den Artikeln 23 und 79 Grundgesetz eine Zwei-Drittel-Mehrheit der gesetzlichen Mitglieder von Bundestag und Bundesrat erforderlich sei. In diesem Fall hätte wohl auch eine namentliche Abstimmung mit allen Parlamentariern stattfinden müssen. (vbr)