Vor 30 Jahren: IBM geht in die PS/2- und OS/2-Offensive

Mit der Ankündigung von IBM, mit PS/2-Computern und dem Betriebssystem OS/2 den IBM-PC und seine kompatible Konkurrenz ablösen zu wollen, löste der Großrechner-Bauer eine Welle von Innovationen aus.

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Vor 30 Jahren: IBM geht in die PS/2- und OS/2-Offensive

(Bild: landley.net)

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Von
  • Detlef Borchers
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Der erste IBM-PC war ein zusammengeschusterter Rechner, bestehend aus Standardbauteilen. Das sollte sich mit Generation 2 ändern, die IBM am Donnerstag, den 2. April 1987 ankündigte – den 1. April ließ das Unternehmen wohlweislich aus. Das Personal Sytems /2 sollte beste IBM-Technik haben, etwa den Microchannel, wie er im Großrechner-Bereich entwickelt worden war, oder leistungsfähige Speichermodule und ein neuer Grafikstandard names VGA sollte die Augen schonen. Dazu sollten Anschlüsse verwendet werden, die auch Unkundige nicht verwechseln können.

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Als Krönung des Ganzen sollte ein neues Betriebssystem namens OS/2 das ebenfalls zusammengeschusterte PC-DOS ersetzen, das IBM von Microsoft eingekauft hatte. /2 war auch eine strategische Ansage, der lästige Markt der "IBM-PC kompatiblen" Anbieter sollte halbiert werden: in eine Häfte, die vom Markt verschwindet und eine, die die IBM-Technik lizenziert.

Vor 30 Jahren begann IBM mit der teuersten Werbekampagne in der Geschichte des Konzerns, das Personal System /2 zu bewerben. 500 Millionen Dollar wurden allein im ersten Jahr ausgegeben, um den Slogan "How ya' gonna' do it? – PS/2 It!" zu verbreiten, an dem die Übersetzer verzweifelten. Das erklärte Ziel der IBM-Strategen war ehrgeizig: Von den ab Juni 1987 ausgelieferten ersten vier Modellen der PS/2-Reihe (Model 30, 50, 60 und 80) sollten innerhalb eines Jahres 3 Millionen Exemplare verkauft werden. Mindestens die gleiche Stückzahl erwartete IBM von Lizenznehmern, die von dem Unternehmen IBM-Technik verbauen sollten. IBM diktierte dafür Bedingungen, die in der jungen PC-Branche neu waren. 5 Prozent der Verkaufssumme von offiziell "PS/2-kompatiblen Geräten" sollten nach Armonk überwiesen werden.

Die Ernüchterung kam schnell. Ein Jahr später hatte IBM nominell nur 1,7 Millionen Rechner verkauft und einen einzigen Lizenznehmer, die britische Firma Apricot mit dem Apricot Qi. Dies resultierte aus der Tatsache, dass sich die PS/2-Systeme in Europa weitaus besser verkauften als in den USA. Dort saßen die Händler auf einer Halde von mindestens 700.000 vorbestellten Exemplaren. IBM entschloss sich nun, PS/2-Nachbauten lizenzieren zu lassen, sperrte aber wichtige Konkurrenten aus, wie eine Marktstudie nachwies. So scheiterte Compaq mit wiederholten Bemühungen, eine Lizenz zu erhalten.

Nicht glücklich wurde IBM auch über die Tatsache, dass OS/2 sich nicht wirklich durchsetzte, obwohl in der Werbung der Eindruck erweckt wurde, dass dieses ab November 1988 verfügbare Betriebssystem exklusiv für PS/2-Rechner entwickelt wurde. Auch hier lag Europa weit vorne, während US-Kunden lieber das neue PC-DOS 4.0 orderten. Dies führte dazu, dass das "europäische" OS/2 in der "Extended Edition" für den "Knowledge Worker" ganz anders ausgebaut wurde, etwa mit dem britischen Hypertext-System OWL in Konkurrenz zu Apples Hypercard. Noch seltener wurden PS/2-Rechner mit dem Unix-Derivat AIX bestellt, das auf 96 Disketten kam.

Entgegen IBMs Erwartungen brach der Markt der IBM-kompatiblen PC nicht zusammen. Im Gegenteil: Bedingt durch den 80386-Prozessor von Intel konnte die ungeliebte Konkurrenz weiter zunehmen und verkaufte im gleichen Zeitraum 1987/88 über 4 Millionen Rechner. Am 19. September 1988 schlossen sich überdies neun Hersteller unter der Führung von Compaq zusammen, um IBMs wichtigsten Forschritt, den Mikrochannel mit dem Extended ISA-Bus auszuhebeln: AST Research, Epson, Hewlett-Packard, NEC, Olivetti, Tandy, Wyse und Zenith setzen ein Zeichen gegen die IBM-Dominanz.Größter Profiteur war Compaq, das sich in den 90ern anschickte, IBM als größten PC-Hersteller der Welt abzulösen, was im Jahre 1994 gelang.

Mit dem Stopp der PS/2-Produktion im Jahre 1995 verschwand denn auch der Microchannel. Insgesamt hatte IBM rund 6 Millionen Desktops, Laptops und Server unter der Bezeichnung PS/2 produziert. OS/2 lebte weiter und wurde mit OS/2 2.0 und besonders OS/2 Warp 3 sogar recht erfolgreich - in Deutschland so sehr, dass IBM teilweise darauf hoffte, Windows abhängen zu können, und PC-Ketten wie Vobis und Escom das System vorinstallierten. Bis heute wird OS/2 von Nischen-Anbietern gepflegt. (anw)