Love out loud: Die re:publica 2017 umgarnt die digitalen Hippies

Der Zeitplan der riesigen Berliner Internetkonferenz Anfang Mai steht. In über 410 Vorträgen, Panels und Aktionsrunden geht es um Liebe statt Hass, die Netzfreiheiten, Algorithmen, "Fake News", Trolle und Techniktrends.

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Sascha Lobo

Ein Mann und seine Frisur kämpfen gegen das Unrecht im Netz: Sascha Lobo.

(Bild: dpa, Britta Pedersen)

Lesezeit: 3 Min.

Startete die zehnte Ausgabe der re:publica voriges Jahr bereits mit dem Appell: "Post Love, not Hate", haben die Macher der großen Internetkonferenz in Berlin für 2017 gleich das offizielle Motto: "Love out loud!" ausgegeben. Sie wollen damit ein Zeichen für "mehr Liebe, Engagement und Solidarität" in der digitalen Gesellschaft setzen, auf deren Agoren es nicht immer konfliktfrei abgeht. Ganz in diesem Sinne soll Friedensbuchpreisträgerin Carolin Emcke das Stelldichein der Hipster, Hippies und Vordenker "mit einer Reflexion über Liebe und Empathie, on- und offline" eröffnen und so den Tagungsslogan "assoziativ-analytisch" hinterfragen.

Zuvor wird laut dem am Dienstag veröffentlichten Zeitplan mit Michael Müller (SPD) erstmals der Regierende Bürgermeister der Hauptstadt am 8. Mai auf der Hauptbühne stehen und den Startschuss für mehrere hundert Stunden Programm mit mehr als 410 Vorträgen, Diskussionen und Aktionen mit über 775 Rednern geben. Die Veranstalter rechnen in der "Station-Berlin", dem früheren Dresdener Bahnhof, wieder mit mehreren tausend Besuchern an den drei Konferenztagen, auf die ein wie immer recht buntes Themenspektrum rund um die vernetzte Gesellschaft auf 19 Bühnen wartet.

Auf der re:publica und der parallel vor Ort erneut stattfindenden "Media Convention Berlin" (MCB) dreht sich dieses Jahr alles um die Internetfreiheiten, die Macht der Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Big Data und Verantwortung, "Fake News", "Hate Speech", Trolle und "alternative Fakten", Datenschutz, Brüsseler Netzpolitik sowie den beginnenden Online-Wahlkampf. Techniktrends wie autonomes Fahren, die Blockchain, 3D-Druck und die "Maker"-Bewegung sowie Virtual Reality (VR) dürfen nicht fehlen. c't-Redakteur Jan-Keno Janssen präsentiert am Mittwoch eine unterhaltsame Zeitreise durch die Geschichte der VR-Software.

So wild gemischt wie die Themen sind auch die Vortragenden. Schachgroßmeister Garry Kasparow gehört genauso dazu wie Trevor Paglen, der mit seinen Fotos Überwachung greibar zu machen sucht. Dazu kommen etwa der Soziologe Christoph Kucklick, die Kognitionswissenschaftlerin Elisabeth Wehling, der Architekt Usman Haque oder Künstler wie Julian Oliver. Erklärirokese Sacha Lobo will in seiner traditionellen Aktivrede diesmal unter anderem von seinen Recherchen zur "Diskurskultur" im Web berichten, Heise-Justiziar Jörg Heidrich beleuchtet die "Rechtsunsicherheit für Links".

Auch plakative Programmpunkte wie "Ficken für den Weltfrieden" finden sich auf dem Plan. Schauspieler wie Christian Ulmen und Kida Khodr Ramadan sollen anhand ihrer Online-Serien "Jerks" beziehungsweise "4 Blocks" Einblicke in die "aktuellen Tendenzen in der deutschen TV-Landschaft geben". Mit VFX-Legende John Gaeta (ILMxLAB, Lucasfilm) und Holographic-Video-Pionier Steve Sullivan von Microsoft will die MCB auch zwei Kreative präsentieren, "die die Art revolutionieren, wie wir Bewegtbild erleben".

Abtauchen in unbekannte Tiefen sollen die Teilnehmer erstmals mit der "Subkonferenz sub:marine" können, die anlässlich des Wissenschaftsjahrs "Meere und Ozean" stattfindet. Antje Boetius lädt dort zu einem "digitalen Tauchgang auf den Meeresgrund" ein, Ulrich Bathmann will in diesem Rahmen Hintergründe über lokale Auswirkungen des globalen Klimawandels vermitteln. Das Standard-Ticket für das dreitägige Gesamtpaket schlägt mit 199 Euro zu Buche, vier Euro mehr als im Vorjahr. Der Besuch der Konferenz wird in einigen Bundesländern wieder als Bildungsurlaub anerkannt. (axk)