Datenschützerin: Test zur Gesichtserkennung am Bahnhof akzeptabel

Mit Videoüberwachung automatisiert die Identität eines Menschen erkennen: Was bei der Gesichtserkennung im öffentlichen Raum schon möglich ist, soll ein Test in Berlin zeigen. Was sagen Datenschützer dazu?

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Datenschützerin: Test zur Gesichtserkennung am Bahnhof akzeptabel
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Von
  • Dr. Oliver Diedrich
  • dpa

Der von den Sicherheitsbehörden geplante Test biometrischer Gesichtserkennung am Berliner Bahnhof Südkreuz geht aus Sicht der Bundesbeauftragen für Datenschutz in Ordnung. Das Projekt sei "für sich genommen noch nicht als schwerwiegender Eingriff zu sehen", erklärte Andrea Voßhoff auf Anfrage. Das ändere allerdings nichts an "grundsätzlichen Bedenken" gegen diese Technik. "Sollten derartige Systeme später einmal in den Echtbetrieb gehen, wäre dies ein erheblicher Grundrechtseingriff", so Voßhoff.

Bei automatisierter Gesichtserkennung werden per Videoüberwachung erfasste Gesichter mit Aufnahmen in Datenbanken abgeglichen. Wie das Bundesinnenministerium (BMI) jüngst bekanntgegeben hatte, sollen solche Systeme am Berliner Bahnhof Südkreuz erprobt werden; der Test soll im dritten Quartal 2017 starten. Die neue Technik könne künftig noch bessere Ergebnisse bringen, etwa bei der Aufklärung von Straftaten, hatte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) erklärt.

Verantwortlich für den Test sind das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei. Deshalb ist Voßhoff die zuständige Datenschützerin. Der Test soll bis zu sechs Monate dauern. Den Behörden geht es darum, die technischen Möglichkeiten unter realen Bedingungen auszuloten. Die Vergabeverfahren sind laut BMI in Vorbereitung.

Die Datenschützer von Bund und Ländern hatten Ende März erklärt, sie hielten den Einsatz biometrischer Gesichtserkennungssoftware in Überwachungskameras für rechtswidrig. Es handle sich um einen besonders schweren Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, hieß es. Die Freiheit, sich anonym in der Öffentlichkeit zu bewegen, könne so gänzlich zerstört werden. Außerdem bestehe das Risiko der falschen Identifizierung.

Beim Berliner Test sieht ein Datenschutzkonzept Einschränkungen vor: Ein Datenabgleich werde "zunächst nur mit einer begrenzten Zahl von Personen durchgeführt, die sich als Testpersonen freiwillig zur Verfügung gestellt haben", so Voßhoff. Laut BMI sollen Menschen geworben werden, die bereit sind, dass Fotos von ihnen in einer Datenbank zum Abgleich hinterlegt werden. Auch sollen Hinweise zur Testzone ermöglichen, dass Passanten diese leicht umgehen können.

Mit Blick auf einen tatsächlichen Einsatz solcher Technik in Zukunft stelle sich die Frage, mit welchen Daten die Videobilder abgeglichen werden sollen, so Voßhoff. "Nur mit bekannten terroristischen Gefährdern, mit weiteren Datenbeständen der Polizeien oder sogar mit umfassenden nicht polizeilichen Datenbeständen?"

Die Deutsche Bahn baut nach eigenen Angaben in Zusammenarbeit mit dem BMI und der Bundespolizei ihre Videoanlagen "kontinuierlich aus". Rund 6000 Kameras bundesweit überwachen demnach mehr als 80 Prozent der Fahrgäste in den Bahnhöfen. Auch die Berliner S-Bahn hat gerade erst ein Millionen-Programm zum Ausbau der Videoüberwachung angekündigt. Vorgesehen sind unter anderem 360-Grad-Kameras in neuen Zügen. (odi)