Euro-Quote und Werbung: EU-Parlament will Videoportalen strengere Regeln setzen

Der Kulturausschuss des EU-Parlaments hat seinen Kurs für die Reform der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste abgesteckt. Videoplattformen wie Netflix sollen demnach 30 Prozent europäische Werke zeigen, YouTuber Werbung klarer ausweisen.

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Y-Titty

Auch YouTube-Stars wie Y-Titty sollen Werbung künftig klarer kennzeichnen müssen.

(Bild: dpa, Caroline Seidel/Archiv)

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Videoportale mit nutzergenerierten Inhalten wie YouTube und Online-Abrufdienste wie Netflix, Maxdome, iTunes oder Amazon Prime sollen schärfer reguliert werden, wenn es nach dem Kulturausschuss des EU-Parlaments geht. Der hat am Dienstag umfangreiche Änderungen am Reformvorschlag der EU-Kommission zur Mediendienste-Richtlinie beschlossen.

Diese betreffen vor allem eine höhere Quote für europäische Werke und strengere Vorgaben für Werbung, Sponsoring, Produktplatzierung und den Jugendschutz. Mit der Reform sollen die Vorschriften für lineare Sender jenen für zeitversetzt abrufbare Videoservices angeglichen werden. Der Geltungsbereich der Richtlinie soll sich künftig etwa auch auf Plattformen wie YouTube erstrecken.

So will der Kulturausschuss künftig auch YouTuber verpflichten, "kommerzielle Kommunikation" deutlich zu kennzeichnen. "Damit sind die Ersteller der Videos dazu aufgerufen, wahrheitsgetreu auf Werbeinhalte hinzuweisen", erläuterte die Vorsitzende des Gremiums, Petra Kammerevert (SPD, S&D). "Videos, die massenhaft Produktplatzierungen enthalten und deren Ersteller damit viel Geld verdienen, sollen nicht so tun, als würden sie ein objektives Bildungsangebot machen."

Die Werbezeiten im Fernsehen sollen "flexibilisiert", aber nicht ausgedehnt werden. Um einen "hinreichenden Verbraucherschutz" zu sichern, wollen die Kulturpolitiker die Hauptzeit von 20:00 bis 23:00 Uhr besonders geschützt und den Anteil von Reklamespots dort auf 20 Prozent begrenzt wissen. Anstelle der derzeit erlaubten 12 Minuten pro Stunde sollen die Programmgestalter sonst freier entscheiden können, wann im Tagesverlauf sie Werbung zeigen. Insgesamt sollen sie aber eine tägliche Spotquote von 20 Prozent nicht überschreiten. Werbung für Zigaretten oder Alkohol sollen auf Videoportalen und im TV-Kinderprogramm verboten werden.

Online-Videotheken wollen die Volksvertreter verpflichten, in ihren Katalogen einen Mindestanteil europäischer Inhalte von 30 Prozent bereit zu halten. Die Kommission hatte hier eine Quote von 20 Prozent ins Spiel gebracht. Dies ging den Abgeordneten nicht weit genug, da größere Streaming-Anbieter dieses Anteilssoll bereits erfüllten. Abrufdienste sollen sich zudem an europäischen Filmfördersystemen beteiligen. Damit wollen die Parlamentarier laut Kammerevert verhindern, dass sich US-Konzerne "aus der Verantwortung für das Kulturgut Film stehlen", wenn sie in Europa damit Geld verdienen.

Video-Plattformen sollen laut dem Beschluss auch einfach nutzbare Mechanismen bereithalten, über die Mitglieder extremistische Inhalte mit Aufrufen etwa zu Gewalt, Hass oder Terror melden und sich über die daraufhin eingeleiteten Maßnahmen informieren können. Facebook, Twitter, YouTube und Microsoft haben dazu bereits einen Verhaltenskodex mit der Kommission vereinbart; die Brüsseler Regierungseinrichtung erwägt aber weitergehende gesetzgeberische Schritte.

Die Bürgerrechtsorganisation European Digital Rights (EDRi) begrüßte, dass die Abgeordneten sich an diesem Punkt gegen eine Pflicht für Upload-Filter entschieden hätten. Die Grüne Helga Trüpel sprach von einem "wichtigen Schritt gegen Hetze im Internet". Dabei sei es wichtig gewesen, die bestehenden Haftungsprivilegien für Diensteanbieter nicht anzutasten. Eine "Vorabkontrolle von audiovisuellen Inhalten" dürfe es nicht geben, damit die Meinungsfreiheit und der Medienpluralismus im Netz geschützt blieben. (vbr)