Die Phonobranche bangt weiterhin um ihre Pfründe

Die deutsche Musikwirtschaft sieht sich durch CD-Brenner und Internet unverändert unter Druck.

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Von
  • Klaus Peeck

Die deutsche Musikwirtschaft sieht sich unverändert unter Druck. Die massenhafte legale und illegale Vervielfältigung ihrer Produkte über das Internet sowie selbst gebrannte CDs kosteten sie Absatz und Ertrag. Zwar passten Musik und Internet "ideal zusammen", wie Thomas M. Stein, Vorsitzender des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft (IFPI), am Donnerstag in Hamburg zugab. Voraussetzung dafür sei allerdings der wirksame Schutz des geistigen Eigentums von Komponisten, Textdichtern, ausübenden Künstlern und den Herstellern von Tonträgern.

Bislang zeichne sich nicht klar ab, wie das Urheberrecht angesichts der neuen digitalen Medien durchgesetzt werden solle. Eine EU-Richtlinie zu dem Thema müsse bis Ende 2002 in deutsches Recht umgesetzt werden. In der Diskussion stünden Kopierschutz-Techniken für die Musikdaten selbst sowie Abgaben auf leere CDs und CD-Brenner – ein Verfahren, welches bekanntlich von vornherein solche Nutzer benachteiligt, die CDs und Geräte zur Sicherung eigener beziehungsweise lizenzfreier Daten verwenden.

"In den Gesprächen mit Internet-Providern, Online-Diensten und Leermedienherstellern entscheidet sich die Zukunft unserer Branche", gibt sich auch Wolf D. Gramatke, der die deutsche Landesgruppe des internationalen Phono-Verbandes führt, dramatisch. Es gehe darum, ob Musik langfristig ertragsfähig bleibe. Nur dann lasse sich die Musikszene erhalten.

So monoton die Musikindustrie – verwöhnt durch ihre über Jahrzehnte angesammelten reichen Pfründe aus der weit gehend ungestörten Vermarktung phonografischer Medien – in der letzten Zeit ihren eigenen wirtschaftlichen Untergang prophezeit, so monoton widerlegen die nackten Umsatzzahlen der Branche die hausgemachten Kassandrarufe:

Zwar gingen im vergangenen Jahr mit 262 Millionen Tonträgern 3,8 Prozent weniger Exemplare über den Ladentisch, dies bedeutete allerdings lediglich einen Umnsatzrückgang um 2,2 Prozent auf 4,78 Milliarden Mark. "Angesichts der Flutwelle von Internet-Piraterie und der ausufernden privaten Vervielfältigung mit CD-Brennern ist das Umsatzergebnis des vergangenen Jahres als Erfolg zu werten", musste denn auch Phonowirtschafts-Sprecher Stein zugeben.

Die Umsatzeinbußen durch so genannte Schulhof-Piraterie – den Verkauf selbst gebrannter CDs – und über Online-Medien wähnte er auf insgesamt 550 Millionen Mark. Dazu kämen die legalen privaten Kopien, die ebenfalls Absatzeinbußen nach sich zögen. Auf die 262 Millionen verkauften bespielten CDs kommen nach seiner Vermutung in Deutschland zusätzlich 210 Millionen leere Datenträger. Besonders die intensiven Musiknutzer, die mehr als neun CDs im Jahr kauften und die aktuellen Hit-Titel hören wollten, nutzten zunehmend das Internet und versorgten sich über Kopier- und Verteilbörsen.

Während die Branche auf der einen Seite ihr baldiges Ertragsende durch das Internet heraufziehen sieht, nutzt sie auf der anderen Seite dessen Chancen bislang kaum. Der Verkauf von Musik über das Netz spielt beispielsweise noch keine große Rolle. "Die Phonowirtschaft hat es in diesem Bereich besonders schwer, weil massenhafte illegale Angebote das Internet dominieren", klagt Verbandsvorsitzender Stein. Inwieweit ein breit angelegtes Angebot kostenpflichtiger, aber preiswerter Download-Musiktitel diesem Umstand Paroli bieten könnte, scheint die Musikwirtschaft – vermutlich in Sorge um ihre bislang ausnehmend großzügigen Ertragsmargen – aus ihren Überlegungen bisher aber geflissentlich auszublenden. (klp)