Ausstellung zeigt Geschichte der Kriegsfotografie

Seit über 160 Jahren berichten Fotografen von den Kriegen rund um den Globus. Am 28. April wird im Museum der Gedenkstätte in Verdun eine Sonderausstellung eröffnet, die das Selbstverständnis von Kriegsfotografen in den Mittelpunkt rückt.

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Ausstellung: Kriegsfotografie

(Bild: © ECPAD)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Markus Montz

In der Mitte des 19. Jahrhunderts zeigten die ersten Fotografien aus Kriegen eine bis dahin unbekannte visuelle Seite bewaffneter Konflikte und ihrer Realität. Diese Fotografien übertrafen in ihrer medialen Wirkung auf Anhieb die bis dahin üblichen Zeichnungen und Grafiken. Seither sind Kriegsfotografen bei unzähligen militärischen Auseinandersetzungen vor Ort gewesen und haben diese aus ganz unterschiedlichen Motivationslagen heraus mit ihren Bildern dokumentiert. Ihnen, ihrem Selbstverständnis und ihren Fotografien widmet das Museum der Gedenkstätte Mémorial de Verdun vom 28. April bis 1. Oktober 2017 eine Sonderausstellung.

Der erste Krieg, aus dem Fotografien überliefert sind, ist der mexikanisch-amerikanische Krieg 1846-1848. Die Anfänge der Kriegsfotografie reichen also fast so lange zurück, wie die Fotografie selbst. Doch es war vor allem der Krimkrieg 1853-1855, dem eine Pionierrolle zukommen sollte: waren an ihm doch gleich mehrere der damaligen europäischen Großmächte direkt beteiligt. Mit diesem Krieg beginnt daher auch die Chronologie der Sonderausstellung, die in Zusammenarbeit mit dem Institut für audiovisuelle Kommunikation und Produktion des französischen Verteidigungsministeriums konzipiert worden ist und bis in unsere Zeit führt. Sie orientiert sich dabei nach Angaben des Kuratoriums eng an dem neuen Ansatz des Mémorial de Verdun, die Menschen in den Mittelpunkt zu rücken.

Wer also waren dann die Männer und Frauen, die mit ihren Kameras in den letzten gut 160 Jahren Kriege festhielten? Waren sie lediglich neutrale Berichterstatter, die als wortlose, unvoreingenommene Zeugen das zeigen, was sie sahen? Sicherlich nur in den seltensten Fällen, wenn überhaupt. Doch wonach suchten sie dann? Worin sahen sie ihre Aufgabe, und wie wollten sie diese erfüllen? Das Kuratorium hat als Antwort darauf exemplarisch 18 überwiegend französische Kriegsfotografinnen und -fotografen der letzten 160 Jahre ausgewählt und stellt den Besuchern deren Persönlichkeit und Arbeit näher vor.

Um einen Eindruck gemäß dieser Zielsetzung zu vermitteln, wird zunächst das Schaffen der Bildkorrespondenten in den historischen Kontext des jeweils betrachteten Konfliktes und seiner Zeit eingebettet. Auch werden die Beziehungen zu den Auftraggebern, den abgebildeten Szenen und Menschen sowie den anschließenden Betrachtern beleuchtet. Auf diese Weise wollen die Aussteller nach eigener Aussage mehr erreichen, als lediglich Ruf und Medienerfolg der Porträtierten zu thematisieren.

Als Ergebnis soll am Ende deutlich werden, in welchem Spannungsfeld zwischen "ihren Identitäten als Künstler, als beauftragte Zeugen und als engagierte Akteure" sich Kriegsfotografen bewegen. Denn neben der Weiterentwicklung der Foto- und Kameratechnik, seien es gerade diese Aspekte gewesen, die maßgeblichen Einfluss auf Sinn und Ergebnisse der Arbeit von Kriegsfotografen und den Wandel ihres Berufs gehabt hätten.

Zu diesem Zweck bekommen die Besucher nicht nur zahlreiche Bilddokumente (Originale und Abzüge) sowie zeitgenössische Pressemitteilungen zu sehen. Gezeigt werden auch persönliche Gegenstände, Dokumente und Porträts der Fotografinnen und Fotografen, um ein möglichst vollständiges Bild ihrer Persönlichkeiten zu vermitteln. Abgeschlossen wird der Rundgang durch eine Installation der Regisseurin und Fotografin Alizé Le Maoult. Sie würdigt mit 24 Porträts zeitgenössischer Kriegsfotografinnen und -fotografen deren ebenso mutige wie wichtige Arbeit.

Kriegsfotografie der letzten 160 Jahre (11 Bilder)

Krimkrieg: Roger Fentons Fotowagen

Roger Fenton (1819-1869) gehörte zu den Pionieren der Kriegsfotografie. Vermutlich auf Wunsch des Gemahls von Königin Victoria, Prinz Albert, und anderer Adeliger fuhr er 1854 als Fotograf auf die Krim. In diesen Kontext müssen auch seine Bilder eingeordnet werden. Aufgrund der damals noch langen Belichtungszeiten fotografierte Fenton keine Kriegshandlungen, wohl aber Schlachtfelder und Stellungen nach den Gefechten. Gefallene sind auf seinen Bildern allerdings nicht zu sehen. Fenton fertigte auch Porträts von zahlreichen Offizieren, während Mannschaftssoldaten lediglich als Beiwerk auf seinen Fotografien auftauchen - ein Umstand, der zu Korrespondentenberichten vom eher laxen Leben der Offiziere passte. Schon die zeitgenössische britische Öffentlichkeit übte daran Kritik, was bald die Militärzensur auf den Plan rief.

Das Foto zeigt Fentons Assistenten Marcus Sparling auf dem Wagen, in dem Ausrüstung und Labor transportiert wurden. Insgesamt brachte Fenton, dem der Krieg auch als Nichtkombattant körperlich und psychisch stark zusetzte, bei seiner Rückkehr 350 brauchbare Negative mit nach London.
(Bild: Library of Congress, Prints & Photographs Division, LC-USZC4-9240)

Neben dem ECPAD haben auch das französische Nationalarchiv, die Fondation Gilles Caron, das texanische Harry Ransom Center, das New Yorker International Center of Photography und weitere Institutionen die Sonderausstellung mit Leihgaben unterstützt. Gestaltet haben die Ausstellung Édith Desrousseaux de Medrano sowie Clotilde Bizot-Espiard. De Medrano hat im Auftrag der Gedenkstätte bereits die Umgestaltung der Dauerausstellung zwischen 2013 und 2016 konzipiert, Bizot-Espiard ist Leiterin des Ressorts "Kulturelle Entwicklung und Kommunikation" am Mémorial de Verdun.

Die Gedenkstätte selbst wurde 1967 zum Gedenken an die Schlacht von Verdun im Jahr 1916 und zur Dokumentation des Krieges eröffnet. Sie erinnert nicht nur an das Grauen der Kämpfe, sondern ist auch zu einem Symbol der deutsch-französischen Aussöhnung geworden. Nach umfangreichen Umbauten und Erweiterungen zeigt sie seit dem Februar vergangenen Jahres in zeitgemäßer Neukonzeption das Leben und Erleben französischer wie deutscher Soldaten im Ersten Weltkrieg. Das Museum ist täglich geöffnet, Erwachsene zahlen im Normaltarif 11 Euro Eintritt. Weitere Informationen finden sich auf der deutschsprachigen Webseite des Mémorial de Verdun. (mon)