James Gosling startet bei Amazon Web Services

Der Urvater von Java hat auf Facebook mitgeteilt, dass er von Boeing beziehungsweise Liquid Robotics zum Cloud-Dienstleister wechselt. Pikanterweise hatte er erst im Herbst 2016 Cloud-Anbieter für ihr Vendor Lock-in kritisiert.

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James Gosling startet bei Amazon Web Services
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Von
  • Rainald Menge-Sonnentag

Amazon Web Services (AWS) hat ab sofort einen weiteren prominenten Mitarbeiter: Der Java-Erfinder James Gosling hat auf Facebook mitgeteilt, dass er Boeing Defense verlässt, um beim Cloud-Anbieter zu arbeiten. Über seine genaue Aufgabe dort, hat er in seiner kurzen Notiz nichts geschrieben. Aufgrund seiner bisherigen Arbeit ist jedoch wahrscheinlich, dass er die Angebote im Bereich Internet der Dinge weiter ausbauen soll. Bei seinem bisherigen Arbeitgeber Liquid Robotics, einer Tochter von Boeing, konzentrierte er sich auf die IoT-Entwicklung. Über seine Arbeit als Chief Software Architect mit semiautonomen Robotern hatte er unter anderem mit einer Keynote auf der IP Europe Expo 2016 berichtet.

Schon die Wurzeln von Java lagen in der Plattformunabhängigkeit auch für kleinste Geräte. Gosling war von 1984 bis 2010 bei Sun Microsystems tätig. Dort war er maßgeblich an der Entwicklung der objektorientierten Programmiersprache beteiligt. Von ihm stammt die Idee der JVM (Java Virtual Machine), die die Portierbarkeit des Codes auf beliebige Plattformen ermöglicht.

Als Oracle Sun im Jahr 2010 übernahm, blieb Gosling zunächst noch im neuen Unternehmen, um dann jedoch zu kündigen. Als einen der Gründe nannte er ein halbes Jahr später, dass Oracle zu stark versucht habe, ihn zu kontrollieren. Gosling beklagte, er hätte zu wenig Entscheidungsgewalt über die Weiterentwicklung von Java gehabt und sei für Oracle mehr oder weniger lediglich ein Java-Maskottchen für öffentliche Auftritte geworden. Insgesamt findet Gosling wiederholt kritische Töne gegenüber Oracle. Unter anderem engagiert er sich bei den Java EE Guardians, die bemängeln, dass Oracles Umgang mit der Enterprise-Variante zu langsam sei und mehr Offenheit benötige.

Ein Jahr nach dem Ausscheiden gab er dann ein sehr kurzes Gastspiel bei Google, wo er im März 2011 startete, aber bereits fünf Monate später seinen Austritt bekannt gab. Allerdings lag seine Kündigung wohl weniger daran, dass er mit dem Internetriesen als Arbeitgeber unzufrieden war, sondern dass ihn das Angebot von Liquid Robotics, der Boeing-Tochter bei der er bis zu seinem jetzigen Wechsel beschäftigt war, und die dort arbeiteten außergewöhnlichen Leute reizte.

Der Wechsel zu AWS dürfte manche Beobachter ein wenig irritieren. Erst im Oktober 2016 hatte Gosling die Cloud-Anbieter dafür kritisiert, dass sie ihre Kunden zu sehr an sich binden würden. Dabei nannte er explizit Amazon als Beispiel: "Sie haben Cloud-Anbieter wie Amazon, die sagen 'Nehmen Sie ihre Anwendung und bringen Sie sie in die Cloud'. Aber sobald Sie die Plattform nutzen, sind Sie an diese spezielle Cloud gebunden."

Er habe für seine Arbeit keinen passenden (IoT-)Cloud-Provider gefunden: "In meinem Fall gibt es keine Provider, mit denen ich zufrieden wäre. Viele würden mein Leben viel einfacher machen, aber Küstenwachen beliebiger Staaten dazu zu überzeugen, dass sie Amazon vertrauen sollen, ist richtig schwierig."

Inwiefern Gosling dazu beitragen kann, den von ihm kritisierten Vendor Lock-in bei AWS abzuschaffen, wird sich zeigen. Zumindest wird Gosling bei Amazon auf alte Bekannte wie Tim Bray treffen, mit dem er bei Google zusammengearbeitet hatte und der zuvor unter anderem den XML-Standard entworfen hatte.

Siehe dazu auf heise Developer:

(rme)