Zahlen, bitte! Avogadros Konstante und das neue Kilogramm
Die Avogadro-Konstante sagt, wie viele Atome oder Moleküle eine bestimmte Stoffmenge einer Substanz enthält und hilft bei der Neudefinition des Kilogramms.
Avogadro? Da gab es doch mal so ein (wenn man darüber nachdenkt gar nicht mal so blödes) Wortspiel mit Guacamole, das einen auf die richtige Fährte bringen kann: genau, den Chemieunterricht! Amedeo Avogadro postulierte nämlich im Jahr 1811, dass gleich große Gasvolumina verschiedener idealer Gase (bei denen sich die Wechselwirkungen der Teilchen vernachlässigen lassen) bei gleicher Temperatur und gleichem Druck dieselbe Anzahl Teilchen enthalten (Gesetz von Avogadro).
Mit dessen Hilfe konnte Avogadro erklären, warum sich das Volumenverhältnis beteiligter Gase bei chemischen Reaktionen durch ganze Zahlen ausdrücken lässt. Dies unterstützte Daltons Atomhypothese, die er aus seinem Gesetz der multiplen Proportionen ableitete. Die tatsächliche Größenordnung der Avogadro-Konstante wurde erst 1865 später durch Josef Loschmidt bestimmt, dessen Loschmidt-Konstante NL die Anzahl von Teilchen pro Volumen unter Normalbedingungen bei 0° C und einem Druck von 1013,25 hPa angibt.
Bei Avogadros Gesetz spielt die molekulare Struktur (z.B. H2, H2O, CH4) keine Rolle für das Volumen im gasförmigen Zustand, sodass das Verhältnis von Teilchenzahl N zur Stoffmenge n (in Mol) konstant ist:
NA= N/n = 6,02214 × 1023 mol-1.
Heutzutage gibt es zig Methoden, um die Avogadro-Konstante zu bestimmen, angefangen beim Ölfleckversuch bis hin zu Röntgenbeugungsversuchen an Einkristallen. Der aktuelle amtliche Messwert liegt bei NA = 6,022 140 857(74) × 1023 mol-1 (Unsicherheit 1.2×x 10-8)
Ultrapräzise Messungen fürs neue Kilogramm
Auch bei der Neufestlegung des Kilogramms spielt die Avogadro-Konstante eine – wenn auch nur indirekte – Rolle. Das in Paris gelagerte Urkilogramm verliert aus ungeklärter Ursache an Masse, sodass das für das internationale Einheitensystem zuständige Bureau International des Poids et Mesures sich für eine Neudefinition auf Basis von Naturkonstanten ausgesprochen hat. Die Metrologen (nicht zu verwechseln mit Meteorologen) haben vorgeschlagen, als definierende Naturkonstante der Masse das Plancksche Wirkungsquantums h (Einheit: m2 s-1 kg) zu verwenden. Ab voraussichtlich 2018 wird sich das Kilogramm somit folgendermaßen ableiten lassen:
1 kg = 1,475521 × 1040 h·Δν(133Cs)hfs/c²
Dabei steht Δν(133Cs)hfs für die Frequenz des für ultragenaue Zeitmessung verwendeten Hyperfeinstrukturübergangs von 133Caesium und c für die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum.
Statt das Plancksche Wirkungsquantum direkt zu bestimmen, lässt sich die Avogadro-Konstante messen, da beide über das molare Wirkungsquantum miteinander verknüpft sind.
Das macht sich die Physikalisch-Technische Bundesanstalt PT im "Avogadro-Projekt" zunutze. Die Metrologen fertigen hochangereicherte 28Si-Kugeln (0,9999 mol/mol) an, deren Durchmesser sie präzise bis auf wenige Nanometer genau vermessen. Mittels Röntgen-Kristallografie bestimmen sie darüber hinaus die Struktur des Silizium-Gitters und können so die enthaltenen Atome "zählen". (vza)