Google will Chrome-Adblocker 2018 bringen

Paukenschlag für die Werbebranche: Der Online-Konzern Google hat angekündigt, dass der hauseigene Browser im kommenden Jahr besonders intrusive Werbungen blockieren wird.

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Chrome-Adblocker startet 2018

(Bild: Coalition for Better Ads)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
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Google kommendes Jahr einen Adblocker in seinen Web-Browser Chrome einbauen. In einem Blog-Posting schreibt Sridhar Ramaswamy, Leiter von Googles Anzeigengeschäft: "Nutzer stoßen im Netz allzu oft auf nervende, unterbrenchende Werbung – etwa wenn unerwartet Musik losplärrt oder der Nutzer gezwungen wird, zehn Sekunden zu warten, bevor er den Inhalt einer Website sieht", erklärt der Manager. Diese negativen Erfahrungen seien der Grund, warum immer mehr Nutzer Adblocker installierten und damit allen von Werbung lebenden Unternehmen Geld kosteten.

Dass der mit Google weltgrößte Werbekonzern, dessen Umsätze nach wie vor fast ausschließlich aus dem Werbegeschäft stammen, selbst Werbung blockieren will, zeigt, wie ernst sich die Lage darstellt. Google will damit dem Druck von zwei Seiten entgegenkommen: Einerseits verbreiten sich Werbeblocker immer weiter – gerade auch auf den für zukünftige Umsätze immer wichtigeren Mobilgeräten. Auf der anderen Seite zeigen sich die Markenkonzerne, die für die Werbung bezahlen, unzufrieden mit dem Werbeumfeld, das ihnen online geboten wird.

Für den radikalen Kurswechsel hatte sich Google Unterstützung gesucht: So hatte der Konzern mit anderen Unternehmen im vergangenen Jahr die Coalition for Better Ads gegründet, die mit verbesserten Standards für Onlinewerbung Adblocker weniger attraktiv machen will. Doch obwohl die Koalition relativ breite Unterstützung hat, ist sie weit davon entfernt, die Online-Werbung in nennenswertem Umfang verbessern zu können. Ein eigener Werbeblocker im weltweit führenden Browser Chrome könnte hingegen Zwang auf alle Teile der Werbebranche ausüben.

Welche Werbeformen konkret blockiert werden sollen, muss sich noch konkret zeigen. Im März hatte die Coalition for Better Ads erste Untersuchungen vorgestellt, nach denen insbesondere Autoplay-Videos, Popups und Vorschaltseiten als Ärgernis für den Nutzer identifiziert wurden.

Um den Werbetreibenden einen Eindruck zu verschaffen, hat der Konzern daher einen "Ad Experience Report" freigeschaltet, in dem den Publishern anhand von Screenshots und Videos gezeigt wird, welche als besonders nervig empfundenen Werbeformen Google auf ihren Angeboten gefunden hat. Stattdessen empfiehlt Google weniger störende Werbeformen. So schlägt das Unternehmen in einem Best-Practice-Ratgeber vor, auf Popups zu verzichten und stattdessen Anzeigen zu schalten, die zwar auch den Bildschirm in voller Größe ausfüllen, aber einfach überscrollt werden können. Statt den Nutzern einen verpflichtenden Countdown für "Interstitial"-Werbung aufzuzwingen, sollten diese die Werbeseiten einfach wegklicken können.

Google braucht für den Schritt möglichst breite Unterstützung aus den verschiedenen Bereichen der Werbebranche und der online tätigen Verlagsunternehmen – eine Adblock-Politik in Chrome, die insbesondere die von Google selbst vermarkteten Werbeformen durchlässt, dürfte kartellrechtliche Probleme hervorrufen. Und in der Tat empfiehlt der Konzern den hauseigenen AMP-Standard, mit dem Google quasi das Hosting von Mobilangeboten selbst übernimmt. Unterstützung erhofft Google vor allem von den Betreibern der großen Marktplätze für Online-Werbung. Diese sollen nervige Formate wie Autoplay-Videos gar nicht mehr vermarkten.

Um Verlagen einen Ausgleich für die Einschränkungen anzubieten, legt Google das Programm "Google Contributor" neu auf, in dem Nutzer Verlage direkt bezahlen können. Über ein neues Programm namens "Funding choices" sollen Betreiber von Websites die Chance bekommen, Adblock-Nutzer direkt anzusprechen und sie entweder zur Deaktivierung der Werbeblocker oder zu einer Direktzahlung auffordern können. Dieses Programm soll ab sofort in Deutschland, den USA, Großbritannien, Neuseeland und Autralien verfügbar sein, andere Länder sollen später folgen. (jo)