Wo bleibt der Fortschritt?

Künstliche Intelligenz, Petaflop-Computer, hochauflösende Satelliten – und trotzdem noch immer keine zuverlässige Wettervorhersage. Was stimmt nicht, mit diesem technischen Fortschritt?

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Wir leben in technisch hochgerüsteten Zeiten. Heutzutage trägt fast jeder mehr Rechenkapazität mit sich herum als zu Zeiten der Mondlandung weltweit verfügbar war, und auf fast jedem Smartphone ist eine Wetter-App installiert, die mit mehr oder weniger schön illustrierten Grafiken zeigt, wie das Wetter wird – oder werden soll.

Nass werden wir aber immer noch. Es mag ja sein, dass eine App wie "Rain Today" den nächsten Regenschauer minutengenau vorhersagen kann – aber halt nur innerhalb der nächsten Stunde. Für Schönwetter-Radler, die wissen wollen, ob sie nicht nur trocken zur Arbeit hin, sondern abends auch trocken zurück kommen, reicht das leider nicht. Und zur Planung von Frischluft-Freizeitaktivitäten auch nicht.

Es gibt zwar mittlerweile Langfrist-Wettervorhersagen, aber die bringen es auch nicht weiter. Der Deutsche Wetterdienst beispielsweise berechnet einen Jahreszeiten-Trend. Der sagt aber für den Sommer 2017 bisher nur voraus, dass dieser Sommer mit rund 40 Prozent Wahrscheinlichkeit mittelmäßig und mit 40 Prozent warm wird. Immerhin, die Wahrscheinlichkeit eines kalten, nassen Sommers ist am geringsten.

Dabei tut sich technisch auf dem Gebiet der Wettervorhersage einiges. Es gibt mehr und bessere Messwerte als früher, die Rechner werden immer schneller und die Modelle werden besser. Peter Bauer, stellvertretender Leiter des "European Centre for Medium-Range Weather Forecasts" hat bereits 2015 in der Fachzeitschrift Nature begeistert über die "stille Revolution der numerischen Wettervorhersage" berichtet und stolz verkündet, die Genauigkeit der Vorhersage habe in den vergangenen 40 Jahren um einen Tag pro Dekade zugenommen.

Leider ist das alles aber relativ. Wenn die vorausgesagte Regenwahrscheinlichkeit 30 Prozent beträgt, werde ich immer noch zu hundert Prozent nass, wenn die Dusche mich erwischt.

Warum ist trotz aller Fortschritte die Prognose immer noch so schwierig? Die Antwort ist immer noch die selbe wie vor zehn oder fünfzehn Jahren: Weil die Auflösung der Wettermodelle immer noch zu grob ist.

Der Deutsche Wetterdienst rechnet seine Modelle mit einer horizontalen Auflösung von minimal 2,8 Kilometern. Das reicht nicht, um alle Prozesse in Wolken wirklich zu erfassen. Also müssen die Meteorologen die Prozesse in den Wolken "parametriesieren" – das heißt alles, was passiert, in möglichst wenigen Korrekturfaktoren zusammenfassen. Davon abgesehen, haben wir die Physik von Wolken wahrscheinlich immer noch nicht so ganz verstanden. Es gibt zwar mittlerweile umfangreiches Material – hier zum Beispiel zwölf Vorlesungen über Wolkenphysik – aber es gibt noch immer viele offene Fragen, wie zum Beispiel der genaue Einfluss von Aerosolen auf die Wolkenbildung.

Vielleicht sollte man die Sache nicht so verbissen sehen, bei drohendem Regen einfach abwarten und bei gemischten Wetter die Schönheit der Wolken genießen, statt sich über den fehlenden blauen Himmel zu ärgern. Das empfiehlt zumindest die "Gesellschaft der Wolken-Bewunderer", die immerhin weltweit rund 40.000 Mitglieder zählt. Die Website ist zwar nicht sonderlich aktuell – unter der Rubrik "Wolke des Monats" ist es noch immer Mai – aber die Galerie bietet eindrucksvolle Wolken-Beispiele, in die man sich schon mal vertiefen kann. Auch wenn gerade zufällig die Sonne scheint. (wst)