Die Pille gegen NOx

Diesel-NOx-Katalysator ASDS: Emission impossible?

Mit ASDS™ hat Amminex eine neue SCR-Technik entwickelt, welche die NOx-Emissionen von Dieselmotoren fast vollständig eliminiert. Der neue Mitspieler im Rennen um eine Diesel-Nachrüstung ist in der Wirkung ganz weit vorn, hat gegenüber AdBlue-basierter SCR aber ein Handikap bei der Infrastruktur

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Von
  • Florian Pillau
Inhaltsverzeichnis

Von betrügerischen Abschalteinrichtungen einmal abgesehen gibt es einen weiteren Grund für überhöhte NOx-Emissionen von dieselgetriebenen Fahrzeugen im Realbetrieb: Den Realbetrieb selbst. Weit seltener als von den Testläufen des NEFZ vorgesehen, arbeiten die meisten Fahrzeugmotoren nämlich in Last- sprich Temperaturbereichen, in denen ihre NOx-Umwandlung überhaupt vorschriftsmäßig effektiv funktioniert. Vor allem im Stadtverkehr.

Ob und wie weit die zugrundeliegende Fehleinschätzung nun industriefreundlicher Politik zu verdanken ist, steht dahin, doch sieht sich die Politik nun unter Zugzwang durch den Effekt unzureichender Abgasreinigung, wie er von den Städten gemessen wird. Anders ausgedrückt: Wer an der Quelle (zu) viel Emission zulässt, muss irgendwann mit den Folgen zu hoher Immission kämpfen. Tatsache ist, dass gerade die Fahrzeuge der aktuellen Abgasklassen Euro 5 und 6 die größten Probleme mit der NOx-Emission haben.

Nachrüstung contra Fahrverbote

Seit Prozessen der EU gegen einzelne Staaten wegen notorischer Überschreitung der Werte und der daraus resultierenden Zuspitzung im Konflikt zwischen Landes- gegen Bundespolitik in Form von Fahrverbotsdrohungen ist guter Rat teuer. Heute diskutieren Politiker und Industrievertreter auch darüber, inwieweit es möglich ist, durch Nachrüstung der existierenden Flotte, besonders der Fahrzeuge mit den Abgasklassen Euro 5 und 6, Fahrverbote zu vermeiden.

Im Gespräch ist unter anderem ein SCR-Katalysator mit Harnstoff-(AdBlue)-Einspritzung der Firma Baumot Twintec, der die Stickoxidemissionen unter die Grenzwerte der kommenden Norm Euro 6c reduziert. Erprobt wird das System bereits erfolgreich mit umgerüsteten Omnibusflotten, London hat erst am 22. Juni einen Auftrag für die Umrüstung von 5800 Omnibussen an Baumot erteilt. Der Hersteller hat dieses System für den Einsatz in Pkw herunterskaliert: In einem VW Passat B7 1.6 TDI bewies er eine Reduktion von 88 Prozent gegenüber dem Serienzustand im neuen Laborzyklus WLTP und ein Minus von 93 Prozent bei der Straßenmessung RDE. Wir haben ihn in dieser Geschichte bereits en détail vorgestellt. Ein Vorteil dieser Lösung bestünde darin, dass eine Infrastruktur für Harnstoff schon existiert. Nachteilig ist der Aufwand, den es betreiben muss, um das Reaktionsmittel zu beheizen und zu zerstäuben.

Einen anderen Weg weist Amminex, ein junges dänisches Unternehmen, dessen Mehrheitseigner zum Jahreswechsel 2016/17 mit 91,5 Prozent der französische Großzulieferer Faurecia wurde. Amminex beschäftigt am Hauptsitz in Soborg, nahe Kopenhagen, 50 Mitarbeiter. Die mit 6500 m² noch überschaubar große Produktionsanlage befindet sich in Nyborg. Mit seinem ASDS (Ammonia Storage and Delivery System) hat Amminex eine neue Form der SCR-Technik entwickelt, das ebenfalls die Stickoxid-Emissionen von Dieselmotoren nachgewiesenermaßen fast vollständig eliminiert. Auf dem Pariser Autosalon 2009 stellte Faurecia die Amminex-Lösung für Nutzfahrzeuge sowie ASDS in einem neuen Format für Pkw erstmals vor. Serienreife Pkw-Kartuschen für die Ammoniakspeicherung (und damit wohl auch einbaufertige Nachrüstlösungen) verspricht Faurecia bis 2020.

Ammoniak-Pillen in Wechselkartuschen

Um zur Reaktion nötigen Ammoniak gefahrlos mitzuführen, verzichtet Amminex auf die wässrige Harnstofflösung. Er wird, chemisch gebunden, in fester Form (Adammine) quasi als Pille mitgeführt, mit dem Vorteil der rund doppelten Speicherdichte gegenüber Harnstoff. Adammine wird in normierten Aluminium-Wechselkartuschen verkauft, die in Halterungen in Bus, Lkw oder in verkleinerter Form auch Pkw, passen. Hierfür sind 2 x 3,6 Liter (also je 1,6 kg Adammine) fassende Kartuschen vorgesehen, was einem AdBlue-Tankvolumen von je rund 18 Litern entspricht. Eine 2 x 11 Liter große Einheit ist für Nutzfahrzeuge erhältlich, sie entspricht einer Tankgröße von je rund 48 Litern AdBlue. Ein Zusatzvorteil der trockenen Ammoniak-Einlagerung ist eine Gewichtsersparnis von 20 bis 40 Prozent, der Wegfall der AdBluetank-Beheizung zur Frostsicherung und der automatische Schutz vor Fehlbetankung (AdBlue in den Treibstofftank).