Twitter: Türkisches Gericht fordert Sperrung eines Erdoğan-kritischen US-Accounts

Nach einer Beschwerde von Präsident Erdoğan hat ein türkisches Gericht Twitter aufgefordert, das Profil eines US-Autors zu sperren. Der kritisiert den Staatschef seit längerem scharf. Ob Twitter dem folgt, ist unklar. Noch ist der Account aber verfügbar.

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Twitter: Türkisches Gericht fordert Sperrung eines Erdoğan-kritischen US-Accounts

(Bild: Recep Tayyip Erdoğan)

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Ein türkisches Gericht hat Twitter aufgefordert, den Account eines bekannten US-Politikexperten zu sperren, weil der die Persönlichkeitsrechte des Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan verletzt habe. Der Washington Post zufolge stammt die Aufforderung vom 16. Juni und gewährt Twitter eine Frist von sieben Tagen, um den Account von Michael Rubin zu sperren. Der Kurznachrichtendienst habe Rubin am 26. Juni informiert und erklärt, noch sei keine abschließende Entscheidung getroffen. Das Gericht hat Twitter demnach mit verschiedenen Konsequenzen bei Nichtbefolgung gedroht, darunter auch Strafzahlungen. Gegenwärtig ist der Account weiterhin online.

Michael Rubin beschäftigt sich mit dem Nahen Osten und hat früher das US-Militär beraten. Gegenwärtig ist er für den konservativen Think-Tank AEI (American Enterprise Institute) tätig und hat seit geraumer Zeit den türkischen Präsidenten im Visier. Unter anderem twittert er der US-Zeitung zufolge auf Türkisch scharfe Kritik an ihm, sowie an der Unterdrückung von Presse und Widerspruch. Dagegen richtet sich nun die neunseitige Beschwerde von Erdoğans Anwalt. Darin heißt es laut Hürriyet Daily News, "Rubins unlogische Anschuldigungen und beleidigenden Tweets geben nicht nur seinen Hass und seine Wut auf Präsident Erdoğan wider sondern auch jene auf die türkische Republik".

Für Rubin ist das Vorgehen des türkischen Staatschefs nun ein Testfall für Twitter, erklärt er gegenüber der Washington Post. Sollte sich der US-Dienst fügen und der Aufforderung nachkommen, könnte das einen abschreckenden Effekt auf den gesamten Journalismus aus der Diaspora haben, nicht nur jenen von Türken. Er selbst will sich nicht jedenfalls nicht einschüchtern lassen, trotz Morddrohungen von Erdoğan-freundlichen Twitter-Nutzern. "Er ist eine osmanische Scheeflocke, die überhaupt nicht mit Kritik umgehen kann", meint Rubin: "Nur weil er Menschen in der Türkei zum Schweigen bringen kann, heißt das nicht, dass er jede Debatte außerhalb der Türkei beenden kann." (mho)