Studie: Konkurrieren Arbeitgeber mit Videospielen?

Junge Männer verbringen immer mehr Zeit mit Videospielen und leisten dafür weniger Stunden bei der Arbeit – dieser These gehen vier Wirtschaftsforscher in einer Studie nach. Doch das Freizeitverhalten muss nicht nur negative Auswirkungen haben.

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Studie: Konkurrieren Arbeitgeber mit Videospielen?
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Inhaltsverzeichnis

In den Jahren 2000 bis 2015 leisteten junge Männer in den USA zwischen 21 und 30 Jahren deutlich weniger Arbeitsstunden als zuvor – in der Studie "Leisure Luxuries and the Labor Supply of Young Men" gehen Forscher von den Universitäten Princeton, Rochester und Chicago von einer Reduktion um 12 Prozent oder 203 Stunden pro Jahr aus. Ein deutlicher Unterschied zu ihren älteren Kollegen, die eine Abnahme der geleisteten Arbeit um 8 Prozent oder 163 Stunden aufweisen. Ferner weisen die Autoren darauf hin, dass die Weltwirtschaftskrise ab 2007 den Trend zwar verschärft habe, sich die Zahlen seitdem aber nicht erholt hätten.

Noch drastischer sei allerdings, dass ganze 15 Prozent der jungen Männer 2016 gar nicht gearbeitet hätten, eine deutliche Zunahme, denn 2008 galt dies nur für 8 Prozent. Und während eine etwaige längere Ausbildungszeit sich in den insgesamt geleisteten Arbeitsstunden widerspiegeln kann, klammern letztere Zahlen den Besuch einer Schule oder Universität komplett aus.

Eine naheliegende Erklärung wäre eine generell niedrigere Nachfrage nach Arbeitskräften. Und obwohl die Forscher gerade bei Arbeitnehmern mit einer niedrigeren Bildung – insbesondere im produzierenden Gewerbe – einen Zusammenhang nicht ausschließen können, weisen sie bereits vorab darauf hin, dass sich die Lohnzuwächse der jungen Männer ansonsten an denen ihrer älteren Kollegen orientieren. Entsprechend genüge eine angenommene sinkende Nachfrage nicht als Erklärung.

Stattdessen stellen die Forscher eine andere These auf: Arbeitgeber konkurrieren seit dem Jahr 2000 zunehmend mit digitaler Unterhaltung wie Videospielen. Grundlage für die Annahme ist eine Gegenüberstellung der mit welchen Aktivitäten verbrachten Stunden. So würde sich die Zunahme der Freizeit mit der Abnahme der Arbeitszeit spiegeln. Ferner würde das digitale Vergnügen drei Viertel der zusätzlichen Freizeit für sich einnehmen. Ältere Männer und Frauen allgemein würden deutlich weniger Zeit mit Videospielen verbringen.

Hier müssen die Forschern den zentralen Beweis für ihre Annahme erbringen: Ist die digitale Unterhaltung für den Trend verantwortlich, oder sorgen geringere Arbeitszeiten aufgrund einer niedrigeren Nachfrage nach jungen Männern als Arbeitskräfte für mehr mit Videospielen verbrachte Stunden? Die Grundannahme ist, dass Technik im Haushalt Auswirkungen auf die Teilnahme am Arbeitsmarkt haben könne – wie es bereits beim vermehrten Eintritt von Frauen in den Arbeitsmarkt gewesen sei.

Grundsätzlich gehen die Forscher davon aus, dass Videospielen in der Freizeit ein Luxus sei, der in erster Linie für junge Männer und nicht andere Gruppen offeriert werde. Jedes Plus an Freizeit würde bei jungen Männern ein noch größeren Plus an Videospielen nach sich ziehen. Um den Einfluss dieser Feststellung auf die Arbeitszeiten zu überprüfen, übernahmen die Forscher ihre Zahlen in eine Engel-Kurve. Dient die normalerweise dem Feststellen optimaler Ausgaben für Konsumgüter, legten die Forscher ihr die Nachfrage nach Freizeit zu Grunde.

Ziel der aufgestellten Engel-Kurven war, festzustellen, wie groß der Einfluss besserer Technik auf die Freizeit ist und ob die Weiterentwicklung der Technik während der untersuchten Jahre mit fallenden Preisen einherging. Da letzteres der Fall gewesen sei, überprüften die Forscher, inwiefern bessere Technik für die geringeren Arbeitszeiten verantwortlich gewesen sei. Ergebnis: Je nach Einkommen hätten junge Männer hierdurch zwischen 1,5 bis 3,0 Prozent weniger Zeit für die Arbeit aufgewendet. Das würde einem Anteil von 23 bis 46 Prozent der beobachteten Abnahme entsprechen.

Gleichzeitig habe es hier keine Auswirkungen auf ältere Männer und nur geringe auf Frauen gegeben. Die bessere Technik sei also ein signifikanter Faktor. Allerdings muss es sich nicht notwendigerweise um den primären Faktor handeln. Dennoch halten die Forscher fest: Technische Innovationen reduzieren die geleisteten Arbeitszeiten, sofern sie auf die Freizeit abzielen. Bei jungen Männern seien dies in erster Linie Videospiele, ein ausgeprägter Unterschied im Vergleich zu anderen demographischen Gruppen.

Die Forscher belassen ihre Studie aber nicht bei der bloßen Feststellung, sie untersuchten ebenfalls die Zufriedenheit der einzelnen Gruppen. Interessanterweise gehen die geringeren Arbeitszeiten der jungen Männer mit einem Anstieg der selbst eingeschätzten Zufriedenheit einher. Ältere Männer, die ebenfalls weniger Arbeitszeiten leisten könnten, aber ihre Freizeit nicht mit Videospielen verbrächten, seien deutlich unglücklicher. Andererseits würden heute mehr junge Männer als zuvor noch immer bei ihren Eltern wohnen. (fo)