#Fontgate trifft #PanamaPapers: Schriftart bringt Premier in Bedrängnis

In der Aufarbeitung des Skandals um Schwarzgeldkonten und Briefkastenfirmen geht es in Pakistan nun um die Frage: Wann hat Microsoft einen bestimmten Schriftsatz veröffentlicht? Die Debatte hat nicht nur die Wikipedia erreicht.

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#Fontgate trifft #PanamaPapers: Schriftart bringt Premier in Bedrängnis
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Torsten Kleinz

Über ein Jahr nach den ersten Veröffentlichungen zu den Panama Papers, bringen die Enthüllungen um Briefkastenfirmen den pakistanischen Premierminister Nawaz Sharif in Bedrängnis und ein Font spielt dabei eine nicht unwichtige Nebenrolle. Schon seit Monaten widmet sich eine Untersuchungskommission des Verfassungsgerichts den Geschäften, die mehrere Kinder des Premierministers über in Panama registrierte Briefkastenfirmen getätigt haben. Der Vorwurf: Die Familie des Politikers soll Schwarzgelder benutzt haben, um etwa Luxusimmobilien in London anzukaufen.

Ein Detail der bisher veröffentlichten Erkenntnisse sorgt nun für besonderen Streit: So hatte die Tochter des Premierministers Maryam Nawaz Sharif ein Dokument vorgelegt, das sie vom Vorwurf der Geldwäsche entlasten sollte. Darin wird Sharif bescheinigt, dass sie nicht die Eigentümerin einer ihr zugeordneten Briefkastenfirma sei. Problem dabei: Das Dokument ist auf das Jahr 2006 datiert, es ist aber im Font Calibri verfasst. Diese von Microsoft lizenzierte Schriftart wurde aber erst 2007 mit der Veröffentlichung von Microsoft Office 2007 und Windows Vista verbreitet.

In der Wikipedia sorgte der politische Streit in den vergangenen Tagen für einen heftigen Editwar. So versuchten mehrere Nutzer aus Pakistan, das Veröffentlichungsdatum des Fonts auf das Jahr 2004 zu korrigieren – offenbar um die Zweifel an der Echtheit des vorgelegten Dokuments auszuräumen. Doch Wikipedia-Autoren sperrten den Artikel, sodass er derzeit nicht mehr von anonymen Nutzern verändert werden kann.

Die pakistanische Zeitung Dawn hat inzwischen beim niederländischen Schriftdesigner Lucas de Groot nachgefragt und eine detaillierte Entstehungsgeschichte des Fonts geliefert. So lieferte de Groot den Schriftsatz tatsächlich schon 2004 bei Microsoft ab. Eingesetzt wurde er aber erst in Betaversionen, die Microsoft ab Juni 2006 verteilte. Dennoch sei es unwahrscheinlich, dass das Dokument aus einer solchen Betaversion stamme. "Warum sollte jemand einen vollbekommen unbekannten Font für ein offizielles Dokument verwenden?" fragte de Groot demnach. Die Betaversionen seien 2006 allenfalls "in den Händen von Computernerds" gewesen. In der Wikipedia sind inzwischen sowohl Entwicklungsdatum als auch Veröffentlichungsdatum vermerkt.

Dass der pakistanische Regierungschef alleine wegen eines Font-Versehens zurücktreten muss, ist jedoch nicht zu erwarten. Die Untersuchungskommission hat in den Aussagen und Dokumenten zu den "Panama Papers" zahlreiche weitere Widersprüche gefunden. In der kommenden Woche soll der nächste Teil des Untersuchungsberichts veröffentlicht werden. (mho)