Copyright-Reform: Konservative im EU-Parlament für Leistungsschutzrecht und Upload-Filter

Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) hat sich auf eine Position geeinigt, in der sie sich für ein 20-jähriges Leistungsschutzrecht für Presseverleger und eine schärfere Haftung von Plattformbetreibern ausspricht.

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Copyright-Reform: Konservative im EU-Parlament für Leistungsschutzrecht und Upload-Filter
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Strammer Kurswechsel bei den Konservativen im EU-Parlament im Streit über den Vorschlag der EU-Kommission zur Copyright-Reform: Hatte sich die frühere Berichterstatterin Therese Comodini Cachia von der Europäischen Volkspartei (EVP) im März noch gegen die Initiative des einstigen Digitalkommissars Günther Oettinger (CDU) für ein 20-jähriges Leistungsschutzrecht für Presseverleger im Internet ausgesprochen, befürwortet die gesamte Fraktion nun in einem Positionspapier das umkämpfte Vorhaben.

"Ein spezifisches Recht für Verleger schafft mehr Rechtssicherheit in Bezug auf Lizenzen und der Rechtsdurchsetzung", heißt es in der neuen Linie. Wenn die Position der Herausgeber von Tageszeitungen und Zeitschriften gestärkt würde, trage dies auch dazu bei, "Qualitätsjournalismus zu sichern" und "Fake News" weniger Raum zu lassen. Man trage daher den ursprünglichen Kommissionsvorschlag in diesem Punkt mit.

Die Wende bei den Konservativen erklärt sich unter anderem damit, dass Comodini Cachia vor Kurzem dem EU-Parlament den Rücken gekehrt hat und als nationale Abgeordnete nun wieder in ihrer Heimat Malta tätig ist. Das EVP-Mitglied hatte sich monatelang in Urheberrechtsfragen hineingekniet in ihrer Rolle als Verhandlungsführerin. Sie abgelöst hat der CDU-Abgeordnete Axel Voss, der binnen weniger Tage die Fraktion auf die neue Spur setzte und das Erbe Oettingers nun vollenden will.

Ungewöhnlich ist schon die Tatsache, dass es der neue Berichterstatter für nötig hält, die EVP auf eine gemeinsame Linie zu der Novelle einzuschwören. Normalerweise gibt es im EU-Parlament keinen strengen Fraktionszwang wie etwa im Bundestag. Voss begründet den Schritt damit, dass das Copyright-Dossier in den kommenden Monaten "umfangreiche Debatten" erzeugen werde und es besser sei, dabei mit einer zuvor festgelegten Stimme zu sprechen.

Bürgerrechtsallianzen wie European Digital Rights (EDRi) oder die Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht lehnen die Kursänderung ab. Sie erinnern an die Misere, die einschlägige Urheberrechtsvorgaben in Deutschland und Spanien mit sich gebracht hätten. Mit der befürworteten "Steuer auf Links" ignoriere die EVP alle Fakten, generell setze sie sich nun für eine einseitige, restriktive Richtlinie ein, die einer ordentlichen rechtlichen Prüfung kaum standhalten könne.

Stein des Anstoßes ist auch, dass die Konservativen nun indirekt im Sinne der Kommission Upload-Filter im Kampf gegen Copyright-Verstöße unterstützen. Plattformen, die urheberrechtlich geschützte, von Nutzern hochgeladene Inhalte speichern oder Zugang dazu ermöglichen, müssten dafür haften, heißt es in dem EVP-Papier. Sie seien daher verpflichtet, in Lizenzvereinbarungen mit den Rechteinhabern zu treten. Portale, die "aktiv und direkt" in Nutzeruploads beteiligt seien und betroffene geschützte Werke der Öffentlichkeit zur Verfügung stellten, dürften nicht unter die Haftungsprivilegien für Provider aus der E-Commerce-Richtlinie fallen. Ohne Filter würden sie damit leicht zur Rechenschaft gezogen werden können.

Erweiterte Rechte für den Umgang mit nutzergenerierten Inhalten hält die Fraktion genauso wenig EU-weit für erforderlich wie eine gesetzlich verankerte Panoramafreiheit. Nach der noch aktuellen Copyright-Richtlinie dürfen Mitgliedstaaten entsprechende Ausnahmen vom exklusiven Verwerterrecht festlegen, wonach etwa öffentliche Denkmäler, Gebäude oder Kunstwerke frei fotografiert oder gefilmt und privat oder gewerblich genutzt werden dürfen. Nicht alle europäischen Länder nutzen diese Möglichkeit, ein verbindliches Privileg steht in den Sternen.

Parallel zur EVP haben weitere Parlamentsausschüsse ihre Empfehlungen zu der Reform abgegeben. Das für Kultur zuständige Gremium hat dabei für Upload-Filter sowie ein teils noch erweitertes Leistungsschutzrecht gestimmt, das sich nicht nur auf die "digitale Nutzung" von Presseveröffentlichungen beziehen soll. Andererseits wollen die Kulturpolitiker die Schutzfrist auf acht Jahre verkürzen. Journalisten sollen einen "gerechten Anteil" an möglicherweise darüber generierten Einnahmen erhalten. Der Industrieausschuss will Zensurmöglichkeiten durch Filter klein halten, hat sich aber ebenfalls nicht klar gegen ein Leistungsschutzrecht ausgesprochen. Der federführende Rechtsausschuss wird voraussichtlich im Oktober sein entscheidendes Votum abgeben. (mho)