4W

Was war. Was wird. Von Schanzenvierteln, Tahrirplätzen und anderen sommerlichen Rätseln

Waren das Zeiten, als Ronald Reagan die Nationalgarde gegen die Hippies von der Leine ließ. Heute sind die, die sich Aufständische nennen, genauso bescheuert wie die großkopferten Retter der Welt, grummelt Hal Faber, und rätselt über den IT-Summer of Love

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 62 Kommentare lesen
Gargoyle und Blick auf Paris

Manche Ungeheuer bringt die Zivilisation selbst hervor, und sie verlassen auch schon mal ihre Beobachterposition.

(Bild: Michel Meynsbrughen)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Hal Faber

Es ist Sommer. Also gibts Hal Fabers Sommerrätsel, in diesem Fall der zweite Teil. Aber wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber auch den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Willkommen beim zweiten Teil des Sommerrätsels, mit dem der "Summer of Love" begangen wird. Diesmal sind die ollen Hippies und ihre Beiträge zur Software-Kultur zu raten, ein lustiges Unterfangen, wenn heutzutage Angebote wie der kommerzielle Petitionsdienst Change.org oder der Musikstreamer Spotify als Erben der Proteste und Aktionen von 1967 geführt werden. Wir sind weit entfernt von der Wut, mit der der kalifornische Gouverneur Ronald Reagan die Nationalgarde gegen die Studenten in Berkeley einsetzte und höchstpersönlich dafür sorgte, dass ein Untersuchungsausschuss an der Universität die Ermittlungen aufnahm. IT-Spezialisten sollten herausfinden, welche Hard- und Softwareressourcen des Campus Computing Centers "missbraucht und unbefugt benutzt" wurden, um die Papierausdrucke der oben abgebildete Flagge anzufertigen. Sie wurde 1970 aus Protest gegen die Ausweitung des Vietnamkrieges auf Kambodscha entworfen, auf Endlospapier gedruckt und dann zu Protestplakaten verarbeitet. Die Logfiles aß der Campushund, die Ermittlungen verliefen im Sande, zumal damals den Studenten Terminalzeit und Druckerpapier ausdrücklich geschenkt wurde, um "neue Ansätze des Time-Sharing" zu verfolgen. Jude Milhon, Programmierin an diesem Projekt und Cypherpunk der ersten Stunde, wird die Namensgebung "Hippie" zugeschrieben.

*** Das Prügeln der Nationalgarde ist lange her und wurde wackelig gefilmt. Heute geht das besser, dank Smartphone. Alle, alle betteln sie jetzt um den Upload von belastenden Gipfel-Videos und Fotos: die Polizei genauso wie die (von Twitter gesperrten) Demonstranten und dann noch die Revolver-Blätter, wo Journalisten mit entsicherten Hirnen schreiben. Ja, so sieht der Fortschritt aus nach den Ereignissen vom Tahrir-Platz, wo die smarten Dinger ja befreiend gewirkt haben sollen. Wie schön, dass der nächste G20-Gipfel in Deutschland erst 2037 ist und bis dahin die Qualität von ordentlichen Infrarotaufnahmen steigen kann. Eine Menge Menschen waren da, die saufend mal eben den dünnen Firnis der Zivilisation ablegten, nicht nur auf den Häuserdächern. Zurück bleiben die Bewohner, denen das Schanzenviertel weggenommen wurde von den Plapperxperten und Politikern, die von Mordbrennern reden. Dummheit, wohin man blickt: Die „Riotisten“ sind so obszön wie die Gipfler, die sie "bekämpfen".

*** 1967 ging es noch gemütlicher zu, wenn Läden geplündert wurden, wie am Anfang des Films über den deutschen Summer of Love zu sehen ist. Da ist Berlin und Benno Ohnesorg weit weg. Damals verlor Konrad Zuse in eben diesem München seinen Prozess um ein Patent auf den Computer mangels Erfindungshöhe. Unterstützt von IBM-Fachleuten und Anwälten, die sich auf das längste Antitrust-Verfahren der US-Geschichte und etliche andere Klagen vorbereiteten, gewann Triumph den Prozess.

Frage 1: Ich finde einen hammerharten Algorithmus, die schnelle Fourier-Transformation. Welchen Begriff prägte einer der damit befassten Wissenschaftler?

Frage 2: Was ist Autoflow?

*** Nach dem Summer of Love wurden Firmen wie Intel gegründet, wo Antikriegs-Aktivisten wie Joel Karp oder Cypherpunks wie Timothy C. May arbeiteten. Intel war eine junge Firma und erfand fast zufällig den Mikroprozessor. Gereizt erklärte Intel-Mitgründer Gordon Moore (der mit diesem "Gesetz") in einem Interview mit Fortune 1973: "Wir sind die echten Revolutionäre in der der Welt von heute, nicht die Kids mit den langen Haaren und Bärten, die die Schulen vor ein paar Jahren verwüsteten." So trat er dem Gerede entgegen, dass Hobbybastler, die von der Peoples Computer Company träumten, den Computer demokratisierten. Moore reagierte auf einen Artikel im Blatt, der sich mit den Folgen des Mikroprozessors beschäftigt hatte und eine Prognose stellte: "Es gibt eine generelle Übereinstimmung, dass die erfolgreichsten Hersteller von Systemen mit Mikroprozessoren die sein werden, die das beste Betriebssystem liefern können. Die Notwendigkeit, Software für die kleinen Computer herzustellen, ist eine Herausforderung für alle Halbleiterhersteller, mit der Ausnahme von Texas Instruments, wo man seit Jahren Erfahrung damit hat. Hier werden junge Leute mit Phantasie benötigt."

Frage 3: Zu den jungen Leuten zählte ein Woodstock-Teilnehmer, der sich sein künftiges Programm futuristisch ausmalte: "Ich stellte mir vor, wie mein Programm mit einer Rollkugel gesteuert wird und eine Tastatur hat, die man blind bedienen konnte. Ich wollte ein Helm-Display nutzen, wie es die Kampfflieger tragen." Wie hieß das Programm, mit dem eine wichtige Softwaregattung startete?

Frage 4: Mit der Illustration wurde für eine Software geworben. Wie hieß sie?

Frage 4: Mit der Illustration im Bild rechts wurde für eine Software geworben. Wie hieß sie?

*** Abseits des Rätsels gab es in der letzten Wochenschau Kritik an der Kritik des vorurteilsfreien Programmierens und der Algorithmenaufsicht. Aber es gab auch ein paar kluge Gedanken. Das Thema Algorithmen wird uns abseits aller Sommerrätsel noch länger begleiten, zumal gerade der Geburtstag des Amazon-Algorithmus gefeiert wird. Der Algorithmus geht etwa so: Personen, die diese kleine Wochenschau lesen, kaufen auch die neue Ausgabe der FIfF-Zeitschrift für Informatik und Gesellschaft. Denn empfehlenswert sind die Gedanken von Britta Schinzel über Algorithmen, die in der neuen FIfF-Kommunikation in dieser Woche auf Papier erschienen ist. Die Totholzgebühr von 7 Euro sollte man schon investieren, zumal das Heft einen handlichen Überblick über staatlich Spähsoftware gibt, die unseren Alltag in den Ebenen bedroht.

Frage 5: Für eine bestimmte Form staatlicher Software wurde vor zwei Jahren ein neuer Begriff eingeführt. Welcher?

Frage 6: Kein Softwarerätsel ohne Microsoft.. Lange bevor es dieses übermächtige Linux gab, das alles außer den PC-Desktop dominiert, gab es Xenix. Mit diesem Betriebssystem wurde eine neue Softwaregattung eingeführt. Welche?

Frage 7: Computer macht schön. Wie heißt die Software?

*** Zu den Algorithmen gehören auch die Verschlüsselungssysteme, die seit der staatlich finanzierten Arbeit von Hippies wie Whitfield Diffie auf der Basis von Primzahlfaktorisierung funktionieren. Das gilt fast überall auf der Welt, nur nicht in Australien. Dort überraschte der australische Premierminister Malcolm Turnbull seine Zuhörer anlässlich einer Feierstunde, mit der Australien weite Teile des massiven britischen Überwachungsgesetzes übernahm. Befragt, wie man verschlüsselte Kommunikation überwachen will, antwortete Thurnbull: "Die Gesetze der Mathematik mögen sehr lobenswert sein, aber das einzige Gesetz, das in Australien gilt, ist das Gesetz von Australien." Er rief die Kryptographen auf, verantwortlich zu handeln. Interessant ist die Großsprecherei vor dem Hintergrund, dass kurz vor Thurnbull der australische Generalstaatsanwalt George Brandis behauptet hatte, dass der britische Geheimdienst GCHQ verschlüsselte Messenger-Dienste wie Whatsapp knacken könne. Willkommen zu den neuen neuen Crypto-Wars. Sicher wird bald der eine oder andere deutsche Politiker in die neue Definition der Über-Gesetzlichkeit einstimmen, wenn sich die Aufregung über den G20-Gipfel nicht mehr auszahlt. Gibt es etwas aus den alten Scharmützeln, das wir für die Zukunft lernen können?

Frage 7: Computer macht schön. Reden wir jetzt nicht vom antiquierten Frauenbild der 60er Jahre oder dem Dreck von heute. Wie heißt die Software?

Frage 8: Welche geheime Superkraft steckt im Nicht-Dokumenten-Modus einer Software?

Was wird.

Neben dem Campen mit 100 Gbit/s in den Niederlanden darf natürlich dieses Bild nicht fehlen, mit dem in den 60ern der Hippie Alfred Freddy Heineken die Welt verbessern wollte. Leere World Bottles sollten von dem Ärmsten gesammelt werden, um alsdann als Ziegelsteine Verwendung zu finden. Auch die Nachhaltigkeit und der besonnene Umgang mit Müll wurden im "Summer of Love" auf die Tagesordnung gesetzt. Alle Welt und Steve Jobs und sein Hund zitieren gerne dieses "Stay Hungry, stay Foolish", was auf der Rückseite des Whole Earth-Kataloges stand. Eine Seite davor war eine Hand abgebildet, die zur berühmten blauen Murmel greift. "Use it or loose it".

Frage 9: Gesucht wird eine dringend notwendige Software, die zunächst an Spezialgruppen verkauft wurde. Später entstand eine Softwaregattung und letztlich eine erfolgreiche Firma, noch später eine Stiftung.

Frage 10: Das letzte Rätselbild. Welche Softwaregattung wird gesucht?

Frage 10: Links das letzte Rätselbild. Welche Softwaregattung wird gesucht? FRAGE10.PNG

Wie üblich, werden die Rätsel am Montagabend aufgelöst. Die letzte Iteration der sommerlichen Rätselei beschäftigt sich mit den Menschen, die ihre Murmel achten und ehren.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes Video (Kaltura Inc.) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Kaltura Inc.) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Frage 11: Weil die letzte Musik-Frage zum "Summer of Love" zu einfach war, kommt hier die Instrumentalversion eines Lieds von 1967, wieder ganz ohne Hippie-Romantik, mehr explosives Geträller und Musique Concrete. Gesucht wird der Begriff der Softwaregattung, für die so geworben wurde.

(jk)