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Neue Ridesharing-Dienste könnten den öffentlichen Nahverkehr stärken. Doch uralte Gesetze machen ihnen das Leben schwer.

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Dieser Text-Ausschnitt ist der aktuellen Print-Ausgabe der Technology Review entnommen. Das Heft ist ab 20.7.2017 im gut sortierten Zeitschriftenhandel und im heise shop erhältlich.

Die Zahlen sind ernüchternd: Rund eine Milliarde Kilometer zusätzlichen Autoverkehr haben private Taxidienste wie Uber und Lyft allein in New York in den letzten drei Jahren verursacht – ein Plus von sieben Prozent, wie der Verkehrsexperte Bruce Schaller ermittelt hat. Dabei werden solche Services gern als die Zukunft der Mobilität gefeiert. Wer sich jederzeit für kleines Geld ein Auto rufen kann, braucht kein eigenes mehr, so die Logik dahinter. Und wer kein eigenes Auto mehr hat, ist offener für andere Verkehrsmittel.

Doch die Erfahrungen in New York – aus anderen Städten gibt es kaum belastbare Daten – legen eine andere Logik nahe: Je preiswerter und bequemer es ist, sich mit dem Auto direkt zum Ziel chauffieren zu lassen, desto geringer der Anreiz, Busse oder Bahnen zu benutzen. Und solange die Wagen jeweils nur mit einem einzigen Fahrgast besetzt sind, tragen sie wenig zur Eindämmung des Autoverkehrs bei. Sind die neuen Dienste also im Gegenteil der natürliche Feind einer Verkehrswende?

Eine neue Generation von Ridesharing-Diensten will nun den öffentlichen und privaten Verkehr enger miteinander verzahnen – zum Nutzen von Kunden, Städten und der Umwelt. „Günstig wie ein Bus, bequem wie eine Limousine“, versprechen sie. Dazu bündelt ein Algorithmus die Fahrten von Kunden, die ein ähnliches Ziel haben. Die Mitfahrer müssen unter Umständen zwar einen gewissen Umweg in Kauf nehmen und etwas mehr bezahlen als für ein Busticket, aber immer noch deutlich weniger als für ein Taxi.

Gerade im ländlichen Raum oder in den Vorstädten, wo der ÖPNV eher schlecht als recht funktioniert, versprechen solche Dienste eine wichtige Mobilitätslücke zu schließen: Schlecht ausgelastete Strecken ließen sich beispielsweise kostengünstiger betreiben; zudem kann Ridesharing die Auslastung öffentlicher Verkehrsmittel erhöhen, indem es die „erste und letzte Meile“ zwischen Station und Haustür überbrückt und so als Zubringer zu den Bus- und Bahnlinien dient.

Unter dem Label „uberPOOL“ oder „Lyft Line“ bieten die beiden großen US-Pioniere solche Dienste in ihren Heimatländern bereits an (siehe TR 2/2016, S. 38). Hierzulande hingegen blockiert das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) von 1961 solche Ansätze. „Es sieht das Poolen in Taxis gar nicht vor“, sagt Verkehrsforscher Andreas Knie vom Innovationszentrum InnoZ. „Dafür gibt es keinerlei gesetzeskonforme Lösung.“

Das Berliner Start-up CleverShuttle hat es trotzdem geschafft, einen deutschen Ridesharing-Service zu etablieren. Derzeit ist es in Berlin, München und Leipzig mit insgesamt 36 Elektroautos oder Plug-in-Hybriden aktiv, vor allem in den Abend- und Nachtstunden. In diesem Jahr sollen noch Hamburg, Stuttgart, Frankfurt und Dresden hinzukommen. Bis Ende des Sommers, hofft Mitgründer und CEO Bruno Ginnuth, werden rund 65 Autos im Einsatz sein.

Doch die bürokratischen Beschränkungen waren immens. Für die Genehmigung muss CleverShuttle mit jeder einzelnen Stadt verhandeln. In Berlin war das 2014 gegründete Start-up zunächst abgeblitzt. Damals gab es gerade einen heftigen Rechtsstreit mit Uber. „Wir wurden mit Uber in einen Topf geworfen“, sagt Ginnuth. „Das hat uns gar nicht gutgetan.“ Erst als der Dienst in München und Leipzig ins Rollen kam, klappte es auch mit Berlin.

(grh)