Maas kündigt Urheberrechtsreförmchen zugunsten von Blinden an

Die EU-Staaten haben neue Regeln befürwortet, mit denen Blinde einen leichteren Zugang zu geschützten Werken wie Büchern erhalten sollen. Laut dem Bundesjustizminister muss hierzulande nur wenig nachgebessert werden.

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Maas kündigt Urheberrechtsreförmchen zugunsten von Blinden an

(Bild: Roland DG Mid Europe Italia, CC BY 2.0)

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Nach dem EU-Parlament hat sich am Montag auch der Ministerrat hinter einen im Mai in Brüssel erzielten Kompromiss gestellt, der eine pauschale Urheberrechtsausnahme für Blinde und Sehbehinderte vorsieht. Dadurch soll diesen ein besserer Zugang zu Literatur ermöglicht werden. Die EU will damit die Voraussetzungen schaffen, um dem 2013 ausgehandelten Vertrag von Marrakesch der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) beitreten zu können. Dafür muss die Übereinkunft aber noch offiziell von den Brüsseler Gremien ratifiziert werden.

Die EU und die Bundesregierung galten lange als Bremser bei dem weltweiten Prestigeprojekt. Etwas überraschend erklärte Bundesjustizminister Heiko Maas nun nach dem Ratsbeschluss: "Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, einheitliche Standards für die blinden-, seh- und lesebehinderten Menschen in ganz Europa einzuführen." Der Zugang zu Literatur sei essenziell für die Teilhabe an Wissen und Kultur. Blinde und Sehbehinderte hätten es hier bislang oft schwer, weil Texte nicht in einem für sie geeigneten Format erhältlich seien.

Die Mitgliedstaaten haben ein Jahr Zeit, um die neuen Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. Maas kündigte an, dass Deutschland dies zügig vorantreiben werde. Vor der Bundestagswahl im Herbst wird hier freilich nicht mehr viel passieren, da das Parlament davor keine offizielle Sitzungswoche mehr hat. Der SPD-Politiker erinnerte zugleich daran, dass mit Paragraf 45 a Urheberrechtsgesetz hierzulande bereits Regeln zugunsten von Menschen mit Behinderungen und eine "Blindenschranke" bestünden.

Das deutsche Gesetz müsse deshalb nur noch "sinnvoll" weiterentwickelt werden. "Zum Beispiel werden wir eine Online-Nutzung neu in das Gesetz aufnehmen", gab Maas bekannt: "Blindenbibliotheken werden die Erlaubnis erhalten, barrierefreie Literatur online für die Begünstigten zur Verfügung zu stellen." Auf das Streitthema "angemessener Ausgleichszahlungen" für die Verlage, die hierzulande bisher gesetzlich vorgesehen sind, ging Maas nicht ein. Die Europäische Blindenunion (EBU) hält eine solche Bestimmung für angreifbar und prüft eine Klage.

Die neuen EU-Bestimmungen erlauben Blindenbibliotheken, Texte in ein barrierefreies Format zu übertragen. Autoren oder Verleger müssen dafür nicht zugestimmt haben. EU-weit ist jetzt festgelegt, dass zum Beispiel Sachbücher, Romane oder Zeitschriften in Braille-Schrift, Großdruck oder Hörbuchfassungen transformiert werden können. Zudem dürfen diese barrierefreien Fassungen an Blinde sowie seh- und lesebehinderten Menschen verbreitet werden – in analoger Form oder elektronisch, innerhalb eines Mitgliedsstaats oder auch über nationale Grenzen hinweg. Den Begünstigen ist es auch gestattet, für den Eigengebrauch selbst Texte in ein barrierefreies Format zu übertragen. (anw)