Gene editieren ohne Fehler

Offenbar haben sich jetzt auch US-Forscher erstmals an das gezielte Verändern von menschlichen Embryos gewagt. Wie Insider berichten, haben sie dabei bedeutende Probleme in den Griff bekommen.

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Von
  • Steve Connor
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Ein Forscherteam im Bundesstaat Portland hat nach Informationen der US-Ausgabe von Technology Review erstmals in den USA genetisch veränderte Embryo geschaffen. Bei dem von Shoukhrat Mitalipov an der Oregon Health and Science University geleiteten Projekt wurde mit Hilfe der Gen-Editiertechnik CRISPR die DNA einer großen Zahl von einzelligen Embryos verändert, sagen Personen, die über die wissenschaftlichen Ergebnisse informiert sind.

Bislang sahen amerikanische Forscher mit einer Mischung aus Erschrecken, Neid und einer gewissen Beunruhigung zu, wie Wissenschaftler in anderen Teilen der Welt solche umstrittenen Experimente vornahmen. Die bisherigen drei Berichte über das Editieren menschlicher Embryos kamen sämtlich aus China.

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Mitalipov dürfte in Oregon jetzt Neuland betreten haben – sowohl bei der Zahl der verwendeten Embryos als auch durch den Beleg, dass es sicher und effizient möglich ist, defekte Gene zu korrigieren, die Erbkrankheiten verursachen.

Zwar wurde keinem der Embryos die Möglichkeit gegeben, sich mehr als ein paar Tage lang zu entwickeln, und es war nie vorgesehen, sie in eine Gebärmutter zu implantieren. Doch die Experimente sind ein Meilenstein auf dem Weg zur Geburt der ersten genetisch veränderten Menschen – eine Entwicklung, die sich als unvermeidlich erweisen könnte.

Das Ziel bei der Veränderung von DNA in menschlichen Embryos ist, zu zeigen, dass es möglich ist, Gene zu entfernen oder zu korrigieren, die für Erbkrankheiten wie die Blutkrankheit Beta-Thalassämie verantwortlich sind. Der Fachbegriff dafür lautet "Keimbahn-Engineering", weil jedes genetisch veränderte Kind die Änderungen mit seinen eigenen Keimzellen auf nachfolgende Generationen weitergeben würde.

Manche Kritiker warnen, Keimbahn-Experimente könnten die Schleusen zu einer schönen neuen Welt der genetisch optimierten "Designer-Babys" öffnen. Gegen diese Aussicht kämpft ein breites Spektrum an religiösen Gruppen, zivilgesellschaftlichen Gruppen und Biotech-Unternehmen.

Shoukhrat Mitalipov ist der erste Wissenschaftler in den USA, der die DNA von menschlichen Embryonen verändert hat.

(Bild: OHSU/Kristyna Wentz-Graff)

Bei einer Nachfrage per Skype wollte Mitalipov zu den Ergebnissen nicht Stellung nehmen, weil sie noch nicht publiziert seien. Andere Wissenschaftler bestätigten jedoch, dass Embryos mit CRISPR editiert wurden. "Soweit ich weiß, wird das die erste Studie sein, die aus den USA kommt", sagt Jun Wu, ein Forscher am Salk Institute in Kalifornien, der an dem Projekt beteiligt war.

Die früheren Veröffentlichungen der chinesischen Forscher hatten gezeigt, dass CRISPR zu Fehlern beim Editieren führen kann und dass die gewünschte DNA-Veränderungen nicht bei allen Zellen eines Embryos eintreten. Dieser als "Mosaizismus" bezeichnete Effekt verlieh Argumenten, Keimbahn-Editieren sei eine zu unsichere Methode, mehr Gewicht.

Mitalipov und seine Kollegen aber sollen jetzt überzeugend belegt haben, dass sich sowohl Mosaizismus als auch "off target"-Effekte, so die Bezeichnung für CRISPR-Fehler, vermeiden lassen.

Laut einer mit der Forschungsarbeit vertrauten Person wurden für das Experiment "zig" menschliche Embryos verwendet, die mittels künstlicher Befruchtung mit dem Sperma von Männern mit ererbten Gen-Mutationen entstanden waren. In diesem Stadium sind die Embryos noch winzige Zellklumpen, die für das menschliche Auge ohne Hilfsmittel nicht zu erkennen sind. Welche Krankheitsgene für das Editieren ausgewählt wurden, ließ sich zunächst nicht herausfinden.

"Es ist der Beweis dafür, dass es funktionieren kann. Sie haben den Mosaizismus deutlich verringert. Ich glaube nicht, dass jetzt sofort klinische Studien beginnen können, aber das Projekt ist weiter fortgeschritten als alles andere zuvor", sagt ein informierter Wissenschaftler. Mitalipovs Gruppe scheint bisherige Schwierigkeiten gelöst zu haben, indem sie früh eingriff und die CRISPR-Komponenten schon bei der Befruchtung mit den Spermien in die Eizellen injizierte.

Das Konzept ähnelt dem bei einem Test mit Mäusen von Tony Perry an der Bath University. Perry war es gelungen, das Gen für die Fellfarbe zu editieren – er veränderte die Farbe von Maus-Nachkommen vom erwarteten Braun zu Weiß. Fast schon prophetisch schrieb er in seinem Fachaufsatz dazu Ende 2014: "Diese oder analoge Ansätze könnten eines Tages das Abzielen auf das menschliche Genom oder Editierungen sehr früh in der Entwicklung ermöglichen."

(sma)