Solaris/Sparc-Vater John Fowler wirft das Handtuch

Schon seit Januar diesen Jahres häufen sich die Hinweise, dass Oracle sein Interesse an Sparc und Solaris verloren hat. Nun trennen sich der Konzern und Sparc/Solaris-Manager John Fowler, was den Gerüchten neue Nahrung gibt.

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Solaris/Sparc-Vater John Fowler wirft das Handtuch

(Bild: Oracle)

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In einer auffallend knappen Börsenmeldung und ohne die übliche Dankes-Pressemeldung haben sich Oracle und der für das Systemgeschäft verantwortliche Executive Vice President John Fowler am 2. August getrennt. Weitere Informationen waren dazu von Oracle nicht zu erhalten. "Kein Kommentar", hieß es auf entsprechende Anfragen. Somit bleiben bloß Vermutungen zum Hintergrund und den weiteren System-Plänen des Konzerns.

Hierzu hilft ein Blick auf Fowlers Werdegang. Vor acht Jahren kam er durch die Sun-Akquisition zu Oracle, bei seinem ehemaligen Arbeitgeber war er 14 Jahre lang für die Sparc-Server und das Solaris-System verantwortlich. Damals legten viele Sun-Topmanager gegenüber dem neuen Eigentümer deutliche Skepsis an den Tag und verließen alsbald das Unternehmen.

Fowler hingegen war euphorisch. In einem Pressegespräch auf seiner ersten Oracle Open World im Jahr 2010 schwärmte er von den vielen neuen Möglichkeiten und dem Investitionsschub für Hard- und Software. "Oracle hat Sun wegen der Hardware-Expertise gekauft, und ich bin sicher, dass wird sich bald in vielen neuen Produkten widerspiegeln", meinte er damals überschwänglich. In der Tat folgten daraufhin viele neue Systeme, die eine beachtliche Leistung aufwiesen. Mit seiner neuen Strategie konzentrierte sich der Konzern auf hyperkonvergente Systeme, die sich insbesondere für Oracles Datenbank- und Anwendungs-Software eigneten.

Doch das war alles noch zu der Zeit, als Oracle-Chef Larry Ellison keine Gelegenheit ausließ, um gegen das aufkommende Cloud-Computing zu wettern. Vor vier Jahren aber drehte sich Oracle um 180 Grad und versucht seitdem mit aller Macht zum vorherrschenden Cloud-Triumvirat aus AWS, Microsoft und Google aufzuschließen.

Anfangs glaubte Fowler noch, die Rivalität der neuen Cloud-Strategie mit seinen eigenen Hardware-Anstrengungen für sich entscheiden zu können. In einem Interview anlässlich der Oracle Open World 2014 sagte er: "Bis auf die x86-Angebote, basiert unser gesamtes Cloud-Angebot auf unserer eigenen Hardware. Ich bin fest davon überzeugt, dass auf Dauer nur die Cloud-Anbieter überleben werden, die über eine eigene Hochleistungs-Hardware verfügen." Doch die Cloud-Anwender waren eher an den x86-kompatiblen Angeboten interessiert – selbst wenn sie nicht an die Hochleistungen der Sparc/Solaris-Systeme heranreichten.

Während also Oracles Cloud-Aktivitäten immer mehr Fahrt aufnahmen, gingen die Hardware-Umsätze immer weiter zurück. 5,2 Milliarden US-Dollar waren es noch 2015, danach 4,7 Milliarden und im letzten Jahr fielen sie auf 4,1 Milliarden US-Dollar – ein Minus von 21,1 Prozent in nur zwei Jahren. Knapp 2000 Stellen hat Oracle dieses Jahr bereits in diesem Bereich abgebaut.

Die Folgen sind offensichtlich: Neue Systeme kommen schon seit langem nicht mehr auf den Markt und das letzte Solaris-Release stammt noch aus dem Jahr 2015. Ein "kontinuierliches Systemupdate" versprach Fowler im Februar, doch was das bedeutet und wie es funktionieren soll, ist bis heute nicht bekannt. "Jetzt, nachdem auch der Ur-Vater von Oracles Hard- und System-Software nicht mehr an Bord ist, wird dieser Bereich auf ein Minimum geschrumpft werden, also nur noch notwendige Wartungsarbeiten durchführen und bestehende Verträge erfüllen", vermutet IDC-Analyst Eric Sheppard.

Mehr könnte Oracle auf der kommenden Open World Anfang Oktober zeigen. Bislang hielten sich die Gerüchte, dass der Konzern Solaris 11.next vorstellen will. Falls das der Fall wäre, gäbe es zumindest einen Hoffnungsschimmer für das System – doch in der aktuellen Konferenz-Agenda finden sich dazu keine Hinweise. (fo)