Auf der Überholspur

Lange galt China als Land der Billig-Kopierer. Das ändert sich jetzt. Immer mehr chinesische Unternehmen setzen selbst die technischen Trends. Wie wird das Land die Zukunft des Westens prägen?

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Dieser Text-Ausschnitt ist der aktuellen Print-Ausgabe der Technology Review entnommen. Das Heft ist ab 17.8.2017 im gut sortierten Zeitschriftenhandel und im heise shop erhältlich.

Der Plan ist klar: Bis 2020 aufholen, 2025 mindestens einen kritischen Durchbruch schaffen und 2030 eine weltweit führende Position einnehmen. Für den chinesischen Staatsrat ist der Weg vorgezeichnet, auf dem China schon bald zur Weltmacht bei künstlicher Intelligenz aufsteigen soll.

Und warum auch nicht? Gut 30 Jahre nach der ökonomischen Öffnung steht das Land als Supermacht da, deren wirtschaftliche Dynamik zwar etwas gebremst, deren technische Dynamik dafür aber umso beeindruckender ist. Es ist nicht ohne Ironie, dass ausgerechnet die scharfe staatliche Kontrolle des Internets den Chinesen erlaubt hat, ohne Druck durch die internationale Konkurrenz eigene Online-Dienste aufzubauen, die dabei sind, ihren westlichen Pendants den Rang abzulaufen. WeChat etwa ist nicht nur eine Messenger-Plattform mit einer Milliarde registrierter Accounts. Der Dienst hilft auch in fast allen Lebenslagen: Ob man Kinokarten kaufen möchte, ein Restaurant buchen, seine Stromrechnung bezahlen oder einen Handwerker besorgen.

Den Erfolg der ersten Generation von originär chinesischen IT-Riesen wie Alibaba, Tencent und Baidu möchte die chinesische Regierung nutzen, um Gesellschaft und Wirtschaft weiter zu digitalisieren. Junge Gründer erhalten ohne großen Aufwand 100000 Yuan Startdarlehen (etwa 12500 Euro) und können ihr Studium relativ zwanglos unterbrechen. Dass Staatspräsident Xi Jinping sich 2015 in einer Filiale der Restaurantkette 3W Coffee zusammen mit jungen Unternehmensgründern ablichten ließ, signalisiert hippen, kosmopolitischen Unternehmergeist. Die Räume, in denen bereits viele berühmte chinesische Hightech-Firmen gegründet wurden, könnten sich auch in Berlin oder New York befinden.

Deng Xiaoping, der Architekt der chinesischen Wirtschaftsöffnung, umschrieb seine Strategie noch mit den Worten: „Nach den Steinen tastend den Fluss überqueren.“ Mittlerweile ist das Tasten einem nicht zu überhörenden Stampfen gewichen.

Die Fokus-Artikel im Einzelnen:

Seite 84 - Trend: Chinas Wirtschaft droht den Westen an Innovationskraft zu überflügeln

Seite 88 - Umwelttechnik: Auf Kurs zum Weltmarktführer bei Batterien und Ökostrom-Erzeugung

Seite 92 - Big Data: Software-Anbieter arbeiten an digitalen Bewertungssystemen für Bürger

Seite 94 - Wissenschaft: Peking steckt Milliarden in Großforschungsprojekte und Vorzeigeuniversitäten

Seite 96 - Gesundheit: Medizin-Apps übernehmen die Rolle des Hausarztes

Seite 98 - Interview: Ostasien-Experte Jost Wübbeke über den industriellen Wandel im Reich der Mitte

(wst)