Indiens oberstes Gericht überstimmt sich selbst: Privatsphäre ist doch ein Grundrecht

Schon zweimal hat Indiens Supreme Court über den Wert der Privatsphäre entschieden und ihr jeweils den Status eines Grundrechts abgesprochen. Angesichts eines riesigen Biometreprojekts wurde das nun korrigiert. Dafür waren neun Richter nötig.

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Indiens oberstes Gericht überstimmt sich selbst: Privatsphäre ist doch ein Grundrecht
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Der indische Supreme Court hat entschieden, dass die Privatsphäre der Bürger für deren Leben und Freiheit immanent ist und von der Verfassung als Grundrecht geschützt wird. Wie The Hindu berichtet, überstimmte das Gericht damit zwei vorhergehende Entscheidungen aus den Jahren 1954 und 1961, in denen die Privatsphäre noch als nicht verfassungsrechtlich geschützt erklärt hatten. Damals hatten noch Kammern aus zuerst sechs und später acht Richtern entschieden, weswegen nun neun Richter nötig waren, um die alten Urteile zu revidieren. Damit unterlag die indische Regierung, die die Privatsphäre nur allgemein gesetzlich geschützt sah.

In dem neuerlichen Rechtsstreit ging es um das Biometrieprojekt Aadhaar. Dabei werden persönliche Daten zu allen Bürgern gesammelt, die sich damit etwa für staatliche Unterstützung anmelden sollen. Gegner bezeichnen das Projekt demnach aber als Weg hin zu einem "totalitären Staat", das zusätzlich noch zu Datendiebstahl von immensem Umfang einlade. Die Regierung hatte argumentiert, das Recht auf Privatsphäre einer "kleinen Elite" müsse hinter dem Recht der Masse auf ein würdevolles Leben in einem sich entwickelnden Land zurückstehen. Die neun Richter folgten dieser Argumentation aber nicht.

Wie die BBC ergänzt, war Aadhaar anfangs als freiwillige Datenbank angepriesen worden. Doch in den vergangenen Jahren sei die Teilnahme in immer mehr Bereichen verpflichtend geworden, etwa zur Abgabe der Steuererklärung, um ein Konto zu eröffnen oder sogar für Einkäufe im Wert von mehr als umgerechnet 670 Euro. Die Kläger sahen deswegen die Gefahr, dass der Staat damit allumfassende Profile der Bürger erstellen könnte. Besorgte Bürger könnten nun erst einmal beruhigt sein, zitiert die britische Nachrichtenseite einen Juristen. Wie es jetzt weiter geht, ist noch unklar. (mho)