Big Data soll Krebstherapieergebnis voraussagen

Ein sogenannter "Krebsatlas", erstellt von einem Computersystem, sucht nach Verbindungen zwischen genetischer Ausstattung eines Tumors und der Prognose eines Patienten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Emily Mullin

Wenn es möglich wäre, aus den DNA-Veränderungen eines Tumors dessen Lethatlität abzuleiten, könnten Ärzte harmlose Geschwulste leichter von tödlichem Krebs unterscheiden. Big Data könnte hier helfen. Schwedische Forscher haben dazu nun einen frei verfügbaren Katalog publiziert, der viele dieser genetischen Prozesse abbildet.

Der neuartige "Krebsatlas" verbindet Tausende spezifischer Gene verschiedener Tumorarten mit der Sterblichkeitsrate von Patienten und könnte so potenziell auch neue Therapieansätze liefern.

Das Projekt ist nur eines von mehreren Versuchen, die Daten zu nutzen, die von öffentlichen Datenbanken gesammelt wurden, die auf zahllosen Tumorproben basieren – darunter der Cancer Genome Atlas des amerikanischen National Cancer Institute.

Um ihren Datensammlung zu generieren, nutzten die Forscher um Mathias Uhlen, Professor für Mikrobiologie an der Königlich Technischen Hochschule (KTH) im schwedischen Stockholm einen Supercomputer, der 17 wichtige menschliche Krebsarten aus fast 8000 Proben analysierte. Das Team konzentrierte sich dabei laut Uhlen besonders auf "ganzheitliche Veränderungen über das Genom hinweg, die von diesen Mutationen verursacht wurden".

Anschließend wurden alle Gene in diesen Krebszellen kartografiert, um zu überprüfen, welche Auswirkungen die von diesen Zellen produzierten Proteine auf die Lethalität hatten. Gene enthalten Instruktionen, welche Proteine hergestellt werden sollen – und das Niveau der Genexpression steigert oder reduziert deren Menge. Die sich daraus ergebenden Proteine können biologische Prozesse wie Krebs dramatisch beeinflussen.

Die schwedischen Wissenschaftler stellten fest, dass die Proteinproduktion verschiedener Krebsarten stark variiert. Das zeige, wie wichtig eine personalisierte Therapie sein kann, die auf der konkreten Charakteristik des Tumors eines Patienten basiert.

Entdeckt wurden außerdem mehr als 2000 Gene, die unterschiedliche Auswirkungen auf die Überlebenschance eines Patienten haben – abhängig davon, um welchen Krebstyp es sich handelt und wo sich der Tumor im Körper befindet. In einigen Fällen wurde eine höhere Genexpression mit einer geringeren Lethalität assoziiert – in anderen mit einer größeren.

Uhlen und sein Team identifizierten zudem mehr als 2000 Gene, die das Tumorwachstum potenziell stoppen könnten. Allerdings sehen sie die Gefahr schwerer Nebenwirkungen bei Medikamenten, die diesen Bereich direkt adressieren. 32 Gene davon, die sich in mehr als 80 Prozent aller Tumore befinden, könnten sich aber für neue Therapien eignen.

Zuvor hatten Forscher sich noch darauf konzentriert, mittels DNA-Sequenzierung genetische Mutationen aufzufinden, die mit Krebs einhergehen. Für den neuen Atlas der schwedischen Forscher wurde hingegen eine RNA-Sequenzierung verwendet, um zu verstehen, wie sich Gene durch Krebs verändern.

John Leite, Vizepräsident für Onkologie bei der Gensequenzierungsfirma Illumina, meint, es brauche noch viele biologische Daten, um zu verstehen, welche Mechanismen mit der Krebsbildung einhergehen. Dann könnten Ärzte die jeweils besten Therapieoptionen für ihre Patienten festlegen. Genau hier könnte das schwedische Projekt helfen.

Nicolas Robine, stellvertretender Direktor für Computational Biology am New York Genome Center, hält den Atlas für eine nützliche neue Ressource. Eine definitive Antwort, wie sich ein Krebs weiterentwickle gebe er Ärzten aber nicht. "Man kann nicht einfach ein Genexpressionsprofil eingeben und dann nachschauen, ob es ein schlechtes oder besseres Ergebnis geben wird."

Davon lassen sich die Schweden nicht beirren. Das Projekt des KTH ist Teil eines größeren Programms, bei dem alle Proteine kartografiert werden sollen, die die über 20.000 Gene des Menschen produzieren. Es läuft seit 2003.

(bsc)