Drogenbeauftragte: Spielewirtschaft muss Suchtgefahr ernster nehmen

Die Computerspielebranche ist ein Faktor in der deutschen Wirtschaft. Doch Spiele können auch gefährlich für Kinder und Jugendliche werden, warnt die Drogenbeauftragte der Bundesregierung.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 74 Kommentare lesen
Gamescom 2015

(Bild: dpa, Jim Hollander/Archiv)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa
Inhaltsverzeichnis

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), hat der Computerspielebranche vorgeworfen, zu wenig für den Schutz Jugendlicher vor Spielsucht zu tun. Mit Blick auf die Computer- und Videospielmesse Gamescom in Köln sagte Mortler der Deutschen Presse-Agentur, sie habe die Spielewirtschaft schon vor einem Jahr auf "die suchtfördernden Elemente von Spielen" aufmerksam gemacht. Doch "die Resonanz in der Branche ist leider ziemlich enttäuschend und Gegenvorschläge gab es auch nicht. Ich kann daraus nur schließen, dass die Branche kein sonderliches Interesse hat, besser vor Suchtgefahren zu schützen", sagte Mortler.

Die Computerspielmesse Gamescom ging am Samstag in Köln mit einem Besucherrekord zu Ende. Mehr als 350.000 Besucher aus 106 Ländern waren seit Dienstag zum weltweit größten Event für Computer- und Videospiele an den Rhein gekommen, wie die Koelnmesse am letzten Veranstaltungstag bilanzierte. 2016 hatten rund 345 000 Besucher aus 97 Ländern die Messe besucht. Eine neue Bestmarke habe man auch auf Ausstellerseite mit 919 Unternehmen (plus 5 Prozent) aus 54 Ländern verzeichnet.

Die alljährlich stattfindende Gamescom gilt als eine der wichtigsten Leistungsschauen der Video- und Computerspielbranche weltweit und ist zudem zu einem Festival für Gamer geworden. Ein Schwerpunkt war diesmal der E-Sport, also das wettbewerbsmäßige Zocken von Computerspielen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Messe eröffnet und dabei die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung digitaler Spiele hervorgehoben. Sie seien "Kulturgut, Innovationsmotor und Wirtschaftsfaktor von allergrößter Bedeutung", sagte die Kanzlerin. Die Branche bezeichnete sie als "starken Pfeiler der deutschen Wirtschaft". "Das war ein Ritterschlag für die Gamescom und die ganze Branche", sagte der Geschäftsführer des Branchenverbands BIU, Felix Falk. "Und das wurde auch in der Branche wahrgenommen."

Die Würdigung von "allerhöchster Ebene" habe auch weltweit die Wahrnehmung der Messe gestärkt. Über 150 Politiker aller großen Parteien haben in diesem Jahr die Gamescom besucht – ein Novum. Viele verstünden erst vor Ort überhaupt die Dimension der Games-Kultur, sagte Falk. Mit rund 350.000 Besuchern hat sie mehr Zulauf als die IFA in Berlin, auch deutlich mehr als die CeBIT in Hannover.

Deutschland gehört zwar international zu den wichtigsten Märkten für digitale Spiele, aber tatsächlich hierzulande entwickelte Spiele sind rar. Merkel kündigte bei ihrem Besuch an, nach den Bundestagswahlen zusammen mit allen Akteuren neue Fördermöglichkeiten zu entwickeln.

Die Drogenbeauftragte Mortler erklärte: "Die Digitalisierung ist eine Riesenchance für unsere Gesellschaft. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass die Digitalisierung auch Folgen hat, auf die wir reagieren müssen." Internetabhängigkeit in ihren verschiedenen Ausprägungen sei mittlerweile unter jungen Menschen zu einer echten Herausforderung geworden. Die Drogenbeauftragte verwies auf eine Studie der Krankenkasse DAK-Gesundheit vom vergangenen Jahr, wonach jeder zwölfte männliche Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 12 und 25 Jahren von Computerspielen abhängig sei. (apoi)