Bundesregierung: Fachkräftemangel nicht "flächendeckend", aber "riesengroße Herausforderung"

Das Bundeskabinett stellt in seinem vierten Bericht zum Fachkräfte- und Nachwuchsmangel fest, dass es sich dabei noch nicht um ein "flächendeckendes" Problem handle. "Aussitzen ist nicht", warnt Ressortchefin Nahles aber.

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Fachkräfte, Büro, Arbeitsplätze
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Von
  • Stefan Krempl
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Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat den am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossenen vierten "Fortschrittsbericht zum Fachkräftekonzept der Bundesregierung" als "Mahnung zum Handeln" bezeichnet. "Aussitzen ist nicht", betonte die SPD-Politikerin. "Stillstand und Nichtstun" seien angesichts des Wandels der Arbeit der Zukunft grob fahrlässig.

Laut Nahles zeigt der 80-seitige Bericht zwar, dass "wir bei der Fachkräftesicherung gut vorangekommen sind". Die Herausforderung bleibe in diesem Bereich aber "riesengroß". Um weiter Wohlstand und Wachstum in Deutschland zu ermöglichen, müsse der Staat "alle Erwerbstätigen dabei unterstützen, mit den Veränderungen und neuen Anforderungen in der Arbeitswelt umzugehen". Nötig ist daher laut der Sozialdemokratin neben flexibleren Arbeitszeiten vor allem ein "Chancenkonto für Erwerbstätige": Damit sollten alle unabhängig vom Geldbeutel ein Guthaben bekommen, "das sie investieren können – in sich selbst".

Das Forschungsinstitut Prognos hatte kurz davor die düstere Prognose ausgegeben, dass bis 2040 in Deutschland 3,3 Millionen qualifizierte Arbeitnehmer wie Techniker, Forscher oder medizinische Fachkräfte fehlen könnten. Um die Lücke zu schließen, fordern sie vor allem eine Bildungsoffensive.

So düster blickt die Bundesregierung nicht in die Zukunft und nutzt vor allem die Chance vor der Bundestagswahl, sich selbst ein gutes Zeugnis rund um ihr 2011 auf den Weg gebrachten Fachkräftekonzept auszustellen. Fortschritte gebe es etwa bei der Bildung oder dem Erwerbsanteil von Älteren sowie Frauen. "Derzeit liegt noch kein flächendeckender Fachkräftemangel vor", kann das Kabinett der Entwicklung Positives abgewinnen. Es räumt aber ein, dass es "Branchen und Regionen" gebe, "in denen die Personalsuche schwierig ist". So fehlten in den Gesundheits- und Pflegeberufen sowie in technischen Arbeitsfeldern akademische und nichtakademische Fachkräfte.

Generell geht die Regierung laut dem Report davon aus, dass eine beschleunigte Digitalisierung vor allem in den Herstellerbranchen für digitale Technik und Dienste starke Beschäftigungsimpulse auslösen wird. Dazu gehörten klassische Industriebranchen, Fahrzeugbau und Elektronikindustrie ebenso wie IT­-Services, allgemeine Unternehmensdienste wie auch Forschung und Entwicklung. Diese Arbeitsplatzgewinne können Verluste in den Anwenderbranchen "mehr als ausgleichen". So sei zu erwarten, dass sich die Nachfrage nach IT­-Berufen, Jobs im Bereich Unternehmensführung und -organisation sowie in Werbung und Marketing erhöhe.

Gleichzeitig steigt laut dem Kabinett mit der Industrie 4.0 der Fachkräftebedarf in den Bereichen Mechatronik, Maschinen­ und Fahrzeugtechnik. Es sei daher nötig, das Konzept künftig zu modifizieren und die allgemeinen, regionalen und branchenspezifischen Arbeitsmarktentwicklungen stärker im Blick auf die Fachkräftesituation mit einzubeziehen.

Um die Basis qualifizierter Mitarbeiter zu sichern, gilt es laut der Regierung, "alle inländischen Potenziale auszuschöpfen". Daneben sei aber auch "qualifizierte Zuwanderung" ein wichtiger Aspekt. So seien etwa 30 Prozent mehr Hochqualifizierte aus Drittstaaten seit 2013 mit der "Blauen Karte" der nach Deutschland gekommen. Auch die über 1,1 Millionen Menschen, die allein 2015 in die Republik geflüchtet seien, könnten auf "längere Sicht zur Sicherung des Fachkräftebedarfs beitragen". Viele hätten zwar "noch nicht die notwendigen Qualifikationen und Kenntnisse für den deutschen Arbeitsmarkt". Es lohne sich aber, in die Ausbildung von Flüchtlingen zu investieren. (axk)