Österreich: Koalition kann sich nicht auf Überwachungspaket einigen

Die rot-schwarze Koalition in Österreich hat sich nicht auf die Details für ein geplantes "Sicherheitspaket" einigen können. Vor der Wahl wird es so mit dem das Abhören von WhatsApp und Co. sowie der Vorratsdatenspeicherung nichts mehr.

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Überwachung in Österreich

(Bild: Flagge: Nicolas Raymond, CC BY 2.0)

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In Österreich sind am Freitag die entscheidenden Verhandlungen innerhalb der rot-schwarzen Regierungskoalition über den umkämpften Entwurf für ein umfangreiches Überwachungspaket zunächst gescheitert. Innenminister Wolfgang Sobotka von der konservativen ÖVP gab die Schuld für das vorläufige Aus des im Juli präsentierten Plans nach einem Treffen des Nationalen Sicherheitsrats laut Agenturberichten dem "linken Flügel" der SPÖ, der sich durchgesetzt habe und damit der Sicherheit Österreichs einen "schweren Schlag versetzt habe".

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil wollte dagegen nicht von einem Scheitern sprechen. Lücken in der Überwachung von Terrorverdächtigen müssten geschlossen werden, konstatierte auch der SPÖ-Politiker. Dabei dürfe es aber "zu keiner Massenüberwachung kommen". Die im Sicherheitspaket enthaltenen Maßnahmen müssten Kriminelle treffen, Unschuldige aber außen vor bleiben.

Knackpunkt war vor allem der ursprüngliche Vorschlag von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP), wonach Strafverfolger künftig im Rahmen ihrer alltäglichen Ermittlungsarbeit verschlüsselte Internet-Telefonate und Chats über Programme wie WhatsApp, Signal, Skype, Telegram oder Threema abhören sowie IT-Systeme umfassend ausspähen dürfen sollten. Prinzipiell war sich die Koalition einig, dass Ermittler auf verschlüsselte Nachrichten zugreifen könnten sollten. Den Einsatz eines Bundestrojaners lehnte die SPÖ aber ab, wollte nach grundrechtsverträglicheren Lösungen suchen. Der deutsche Gesetzgeber hatte hier kurz vor der Sommerpause noch Nägel mit Köpfen gemacht und Staatstrojaner weiter beflügelt.

Die SPÖ schlug laut Doskozil vor, eine Arbeitsgruppe mit Technikern und Verfassungsexperten einzurichten, um die vorgesehenen Quellen-Telekommunikationsüberwachungen und Online-Durchsuchungen enger zu fassen. Das Thema dürfe aber nicht in den Wahlkampf gezogen werden, meinte der Sozialdemokrat, gefragt sei ein sauberes Gesetz. Eine Einigung vor den Neuwahlen in Österreich am 15. Oktober scheint so kaum mehr realistisch.

Mit dem Paket wollte Brandstetter auch eine neue, diesmal nicht anlasslose Vorratsdatenspeicherung verknüpfen. Das Innenministerium sollte zudem Zugang zu Daten aus der Videoüberwachung aller öffentlichen und privaten Einrichtungen erhalten, die einen öffentlichen Versorgungsauftrag haben. Vorgesehen waren auch Websperren, Regeln für IMSI-Catchern zur Mobilfunküberwachung sowie das Aus für anonyme SIM-Karten. Die ÖVP hatte Entschärfungen etwa bei der Videoüberwachung angeboten, die der SPÖ aber nicht weit genug gingen.

Thomas Lohninger von der Datenschutzorganisation epicenter.works, die eine Kampagne gegen das "Überwachungspaket" begonnen und tausende Eingaben im Rahmen einer öffentlichen Konsultation ausgelöst hatte, wertete den Abbruch der Verhandlungen vor der Wahl als wichtigen Erfolg. "Es ist wichtig, immer wieder klarzumachen, dass Überwachung nicht mehr Sicherheit bringt", erklärte der Aktivist gegenüber heise online. Für die Sicherheit brauche es "verhältnismäßige und zielgerichtete Vorschläge". Bürgerrechtler haben passend dazu gerade ein Handbuch zur Evaluation der bereits bestehenden österreichischen Anti-Terror-Gesetze vorgestellt.

Parallel kündigte epicenter.works an, Klage gegen Innenminister Sobotka einzureichen. Dieser habe Kritikern des Pakets mehrfach öffentlich unterstellt hat, "einen Anschlag auf die Sicherheit der Österreicher" zu planen. Diese Anschuldigung richtet sich laut der zivilgesellschaftlichen Gruppe "gegen Menschen, die für die Wahrung von Grundrechten eintreten und könne nicht hingenommen werden". (axk)