Röntgenlaser European XFEL nimmt Forschungsbetrieb auf

Der Röntgenlaser European XFEL in Hamburg soll Forschern Einblicke in die Nanowelt geben. Nach jahrelangen Bauarbeiten können nun die ersten Experimente starten und zeigen "was die Welt im Innersten zusammenhält".

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Röntgenlaser European XFEL nimmt Forschungsbetrieb auf

(Bild: European XFEL)

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"Die Welt da unten ist atemberaubend klein", hat der amerikanische Physiker und Nobelpreisträger Richard Phillips Feynman in den 1950er Jahren gesagt. An diesen Ausspruch erinnerte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) am Freitag bei der Eröffnung des European XFEL in Schenefeld bei Hamburg. Die weltweit leitungsfähigste Röntgenlaseranlage erlaube es den Wissenschaftlern nun, tief in diese Nanowelt einzutauchen.

Die 1,2 Milliarden Euro teure Anlage, die nach achtjähriger Bauzeit nun Forschern zur Verfügung steht, ist eine Art Superkamera. In einem 3,4 Kilometer langen unterirdischen Tunnel werden ultraschnelle Röntgenblitze erzeugt. Sie sollen Strukturen von Molekülen, Zellen und Viren sichtbar machen und den Ablauf von chemischen Reaktionen auf atomarer Ebene zeigen.

Wissenschaftler aus Russland und Großbritannien sowie vom Deutschen Elektronen-Synchrotron (Desy) in Hamburg-Bahrenfeld und vom XFEL-Projekt selbst sollen Mitte des Monats die ersten Experimente durchführen.

An dem Projekt – das nach heutigen Preisen sogar 1,5 Milliarden Euro gekostet hat – sind elf europäische Länder beteiligt. Die größten Geldgeber sind Deutschland und – mit deutlichem Abstand – Russland. Andrej Fursenko, ein Berater von Präsident Wladimir Putin, lobte die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern. Kanzlerin Angela Merkel und Putin hätten gemeinsam für den Erfolg des Projekts gesorgt und Finanzierungsprobleme gelöst.

Nach den Worten von Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz ist der XFEL ein ermutigendes Zeichen in angespannter Zeit. "Der European XFEL sendet nicht nur ultrakurze Lichtblitze aus, er sendet auch klare Signale für Völkerverständigung und Frieden", sagt der SPD-Politiker. Er spricht von der Hoffnung auf neue Erkenntnisse zur umweltfreundlichen Energiegewinnung und zur Behandlung von Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson. Der XFEL werde dazu beitragen, das Leben für alle Menschen besser zu machen.

Schleswig-Holsteins Wissenschaftsministerin Karin Prien (CDU) geht noch einen Schritt weiter: Mit Hilfe des XFEL könnten Wissenschaftler auch metaphysischen Fragen nachgehen. "Man könnte mit Goethes Faust sprechen: Was die Welt im Innersten zusammenhält, das ist das, dem sie sich hier nähern."

Die Entsteheung der 3,4 Kilometer langen unterirdischen Anlage hat eine ganze Weile gedauert – mit Parallelen zu anderen Projekten in der Hansestadt. So lag die Bauzeit des Röntgenlaser mit acht Jahren nur zwei Jahre unter der der Elbphilharmonie, auch die Kosten liegen mit 1,22 Milliarden Euro für den XFEL und 789 Millionen für die Elbphilharmonie nicht so weit auseinander. Beide Projekte wollen ganz neue Maßstäbe in ihren Bereichen setzen. So sollen im XFEL die hellsten Röntgenblitze der Welt erzeugt werden, bis zu 27.000 pro Sekunde. Die Leuchtstärke soll milliardenfach über dem liegen, was vergleichbare Anlagen bislang leisten können.

Der XFEL funktioniert vereinfacht gesagt so: Ein Injektor auf dem Desy-Gelände schießt Elektronen in eine unterirdische Röhre. In einem 1,7 Kilometer langen Linearbeschleuniger werden sie immer schneller und gewinnen an Energie. Dann folgt eine Anordnung von Magneten, der sogenannte Undulator. Er bringt die Elektronen in eine Wellenbewegung, wobei sie ultrahelle Blitze abgeben, bis zu 27 000 pro Sekunde.

Die Blitze verstärken sich immer mehr, bis dieser Röntgenstrahl am Ende der 3,4 Kilometer langen Röhre auf Proben in der Experimentierhalle am Standort Schenefeld trifft. Wie die Probe in dem unvorstellbar kurzen Moment eines Blitzes aussieht, sollen Detektoren festhalten. Dadurch kommen bis zu 4,5 Millionen Bilder pro Sekunde zustande.

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(uk)