Pilze als Infrastruktur-Retter?

Vielerorts verfallen grundlegende Bauwerke wie Brücken, Straßen oder Fußwege. Ein Mittel dagegen wäre selbstheilender Beton – und genau den wollen Forscher jetzt mit Hilfe eines robusten Pilzes realisieren.

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  • TR Online
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Die Volkswirtschaft der USA ist eine der modernsten der Welt. Doch die Beton-Infrastruktur, die ihr zugrunde liegt, bröckelt vor sich hin – Straßen, Brücken, Bürgersteige und so weiter. Dieser Verfall erfordert komplexe Reparaturen mit langen Verzögerungen und kann in den schlimmsten Fällen in einem kompletten Ausfall enden.

Darüber hinaus ist das Problem ein teures. Kleine Risse werden größer, wenn man sie nicht repariert, sodass verstärkende Metall-Strukturen zum Vorschein kommen. Wenn diese beschädigt sind, werden Reparaturen noch komplexer und teurer. Eine bessere und billigere Methode zur Reparatur von Beton wird also dringend benötigt.

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Kommen könnte sie von Ning Zhan und Kollegen an der Rutgers University: Nach eigenen Angaben haben die Forscher eine geheime Zutat entwickelt, die eines Tages automatische Reparaturen an Beton vornehmen könnte. Und worum handelt es sich bei dieser Zutat? Um Pilze.

Materialwissenschaftler hoffen seit langem darauf, eine Möglichkeit zur Selbstreparatur von Beton zu finden. Einer der Ansätze war, Beton mit Polymerfasern zu füllen, in denen sich ein Harz befindet, das bei Rissen in diese hineinläuft. Wie sich jedoch herausstellte, haben Beton und Harz unterschiedliche Eigenschaften bei der Wärmeausdehnung. Dies kann dazu führen, dass Risse noch tiefer werden.

Ein besseres Füllmaterial ist Kalziumkarbonat, das gut an Beton bindet und ähnliche strukturelle Eigenschaften hat. Derartige Mineralien werden von unterschiedlichen Bakterien produziert, doch diese setzen auch Nebenprodukte frei, unter anderem große Mengen an Stickstoff-Produkten wie Ammoniak. Dies kann für Straßen und Umwelt gleichermaßen schädlich sein.

Also braucht die Materialwissenschaft eine andere Option. In einem Fachaufsatz schreiben Zhang und Kollegen, eine mögliche Lösung in Form eines Pilzes namens Trichoderma reesei gefunden zu haben. Dessen Sporen können unter stark unterschiedlichen Bedingungen keimen und bilden einen faserigen Pilz, der die Bildung von Kalziumkarbonat unterstützt.

Die Idee der Forscher: Dem Beton werden beim Mischen Pilzsporen zugesetzt, die dann nichts weiter tun, bis der Beton Risse ausbildet. Wenn dann Wasser hineinfließt, keimen die Sporen, und Pilzfasern lösen die Bildung von Kalziumkarbonat aus, das die Lücken am Ende verschließt.

Um diesen Ansatz in der Praxis auszuprobieren, goss das Team Beton in Petrischalen und ließ ihn aushärten. Dann gaben sie eine Nährlösung sowie unterschiedliche Pilzarten dazu und beobachteten, welche davon in den von Beton geförderten stark alkalischen Bedingungen wachsen würden.

Die Ergebnisse waren interessant. Von allen getesteten Pilzen wuchs nur Trichoderma reesei selbst dann noch, als der pH-Wert auf 13 stieg. Als Nächstes untersuchte das Team von Zhang seine Faserstruktur unter dem Mikroskop und analysierte mittels Röntgenstrahlen, welche Stoffe er absondert. "Die Daten sprechen stark dafür, dass Hyphen von T. Reesei die Ablagerung von Kalziumkarbonat fördern kann", schreiben die Forscher. Auf Elektronenmikroskop-Bildern ist deutlich zu erkennen, dass die Fasern mineralisierte Strukturen zurücklassen.

Natürlich ist damit noch nicht geklärt, ob Sporen von Trichoderma reesei überleben, wenn sie in Beton gemischt werden. Tatsächlich erscheint das eher unwahrscheinlich, denn dazu müssten sie sich in Poren innerhalb des Betons befinden.

Zhang und Co. maßen die Sporen in dem von ihnen hergestellten Beton und ermittelten einen Durchmesser von durchschnittlich einem Mikrometer. Die von Trichoderma reesei allerdings sind mit vier Mikrometern größer. Dies lässt erwarten, dass sie beim Aushärten des Betons zerstört würden.

Dieses Problem ließe sich nach Darstellung des Teams möglicherweise lösen, indem Luftblasen in die Beton-Mischung mit aufgenommen werden, was aber noch näher erforscht werden müsste. Doch schon im jetzigen Stadium ist die Arbeit vielversprechend. Wenn sich Trichoderma reesei tatsächlich als der Zauberpilz erweist, der bröckelnde Infrastrukturen reparieren kann, ist er von hohem Wert. Zusätzlich ist er umweltfreundlich – für Menschen birgt der Pilz keine Gefahren, und bei der Entstehung von Kalziumkarbonat wird der Atmosphäre das wichtige Treibhausgas Kohlendioxid entzogen.

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