Computer als Modedesigner

Amazon drängt in das Geschäft mit Mode, und Künstliche Intelligenz soll dabei helfen. So könnte Software Empfehlungen zu Outfits geben und sogar zu einem bestimmten Stil passende Kleidungsstücke selbst entwerfen.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Will Knight
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Wer an Amazon denkt, dem kommt heute noch nicht unbedingt Mode in den Sinn, doch das könnte sich ändern: Das Unternehmen ist dabei, sich mit schicken KI-Algorithmen eine Führungsrolle beim Ersetzen von Designern und Stylisten zu erarbeiten.

Forscher bei dem Online-Riesen arbeiten derzeit an mehreren Systemen für maschinelles Lernen, die dabei helfen sollen, die neuesten Modetrends zu erkennen, darauf zu reagieren und sie vielleicht sogar selbst zu prägen. Diese Bemühungen zeigen, wie Amazon und andere Einzelhändler auch in anderen Bereichen Trends besser im Blick behalten könnten – denkbar wären zum Beispiel Empfehlungen auf der Grundlage von Produkten, die in Beiträgen in den sozialen Medien erwähnt werden. Außerdem könnten sie Amazon dabei helfen, sein Geschäft mit Kleidung zu vergrößern und dieses Gebiet vielleicht sogar zu dominieren.

"Es gibt eine richtige Bewegung von Unternehmen wie Amazon, die verstehen wollen, wie sich Mode in der Welt entwickelt", sagt Kavita Bala, eine Professorin an der Cornell University, die im August an einem Amazon-Workshop über Maschinenlernen und Mode teilgenommen hat. "Die Branche verändert sich dadurch von Grund auf."

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Einige vorwärtsdenkende Einzelhändler nutzen bereits soziale Netzwerke wie Instagram oder Pinterest, um die neuesten Modetrends zu erkennen und rasch darauf zu reagieren. Start-ups wie der Abo-Dienst Stitch Fix geben personalisierte Empfehlungen auf der Grundlage von Nutzer-Präferenzen und Aktivitäten in sozialen Medien ab.

Amazon kümmert sich unterdessen um den Ausbau seines Bekleidungsgeschäfts. Das Unternehmen entwickelte eigene Modemarken, investiert in hochwertige Produktfotos und bringt den Dienst Prime Wardrobe heraus, bei dem Kunden Kleidung vor dem Bestellen anprobieren können. Mit Echo Look wird Amazons Assistenzsystem Alexa um eine Kamera ergänzt und soll so sogar Rückmeldungen zu verschiedenen Outfits geben.

Doch Amazon scheint den Einsatz von Algorithmen noch weiter zu treiben. Ein Team von Forschern des Unternehmens in Israel zum Beispiel hat ein Maschinenlern-System entwickelt, bei dem wenige Stichworte zu einem Bild ausreichen, um zu beurteilen, ob ein bestimmter Look als modisch durchgehen kann. Auf dieser Grundlage könnte die Software Feedback geben oder Änderungsvorschläge machen. Innovativ daran ist, dass Computer normalerweise viele Stichworte benötigen, um aus visuellen Informationen zu lernen. In der Realität aber, etwa bei auf Instagram veröffentlichten Fotos, gibt es manchmal nur ein solches Label.

Ein Team im Amazon-Forschungszentrum Lab126 in San Francisco wiederum hat einen Algorithmus entwickelt, der anhand von Bildern unterschiedliche Modestile lernt und dann neue Kleidungsstücke im selben Stil entwerfen kann – im Grunde ist er ein einfacher KI-Modedesigner. Noch ist dieser Ansatz grob, aber er lässt bereits die Möglichkeiten erkennen.

Verwendet wird dafür ein hochmodernes Werkzeug namens Generative Adversarial Network, kurz GAN. Es besteht aus zwei tiefen neuronalen Netzen, die zusammenarbeiten, um aus Rohdaten effizient zu lernen. Die Eigenschaften eines bestimmten Stils ermittelt das GAN schlicht dadurch, dass es sich sehr viele Beispiele dafür ansieht; anschließend kann es diesen Stil auf andere Kleidungsstücke übertragen. GANs, entwickelt von einem Forscher im Team von Google Brain, sind im Maschinenlernen derzeit ein heißes Thema.

Beide Projekte wurden bei dem von Amazon organisierten Workshop vorgestellt. Teilnehmer waren hauptsächlich Forscher aus Universitäten, die sich mit Möglichkeiten beschäftigen, wie Maschinen Modetrends verstehen können. Nähere Auskünfte zu den Projekten wollten Amazon auf Anfrage nicht geben.

(sma)