40 US-Dollar pro Minute? – Kostenfalle Kreditkarten-Telefon

Überteuertem Handy-Roaming hat die EU einen Riegel vorgeschoben. An manchen öffentlichen Telefonen drohen aber nach wie vor unangenehme Überraschungen. Nicht nur die Telekom prüft jetzt die Praktiken einer Partnerfirma.

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40 US-Dollar pro Minute? – Kostenfalle Kreditkarten-Telefon

(Bild: KittyKaht, CC BY-SA 2.0)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Jan Petermann
  • Hannes Breustedt
  • dpa
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Es ist eine Masche, die auch im Smartphone-Zeitalter zu ziehen scheint – gerade weil fast jeder nur noch mobil telefoniert. Handy verloren, kein Ersatz in Sicht, doch ein dringender Anruf ist nötig. Da ist die alte Festnetzsäule mit Kreditkarten-Schlitz am Bahnhof oder Flughafen die Rettung.

Wochen später wird beim Blick aufs Konto klar: Die Nothilfe war ein teurer Spaß, man hätte manchen Mobilfunk-Monatsvertrag von dem einen Kurzgespräch bezahlen können. Dass es so kostspielig wird, zumal für eine Verbindung über nur wenige Kilometer, war am Gerät auf den ersten Blick nicht erkennbar. Dabei ist an öffentlichen Säulen der Deutschen Telekom nicht immer nur Telekom drin, wenn außen Telekom dran steht. So kann der Kunde böse überrascht werden, wenn am Ende ein anderer Anbieter viel mehr abbucht als vor dem Gespräch gedacht.

Die Firma, die hinter der Abrechnung solcher Tarife von bis zu 40 US-Dollar (33 Euro) pro Minute steckt, sitzt in der Schweiz, ist in mehr als 60 Ländern aktiv und auch unter US-Juristen keine Unbekannte: die BBG Global AG. Ein Unternehmen, das seinen Auftrag darin sieht, "das Kundenerlebnis durch kreatives Wissen zu verbessern". Als Zweck wird im Handelsregister des Kantons Zug "Anbieten, Fördern und Erbringen von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Telefon-Ferngesprächen" genannt. Die Einlagen der AG stammen aus Aktien einer BBG Holdings Limited, welche ihrerseits auf den Bermuda-Inseln registriert ist.

Geht es an den weltweit 350.000 Telefonen mit BBG-Angebot mit rechten Dingen zu? Diese Frage ruft jetzt deutsche Behörden auf den Plan. Man habe BBG "zur Stellungnahme unter Fristsetzung aufgefordert", heißt es aus der Bundesnetzagentur – auch um zu klären, warum Kunden bei bewusster Auswahl der Telekom in einem Sprachmenü diese nicht als Alternative, sondern ebenfalls den hohen BBG-Tarif angesagt bekamen. Der Konzern setzte die Vermittlung über die Schweizer vorerst aus.

Die Netzagentur betont: "Nach dem Telekommunikationsgesetz müssen Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten dem Verbraucher in klarer, umfassender und leicht zugänglicher Form Informationen zu den Preisen zur Verfügung stellen." Mit der Deutschen Telekom bestehe Kontakt wegen "Sachverhaltsaufklärung".

BBG selbst sieht keine Versäumnisse. Dass Kunden Tarife wie "39,98 Dollar für die erste Minute" nur als Option am Ende eines englischen Sprachmenüs genannt werden, während außen am Gerät nichts auf einen weiteren Anbieter hindeute, sei "in Ordnung und transparent", meint das Management. Aber warum steht an der Telekom-Säule nicht wenigstens ein optischer Hinweis auf zwischengeschaltete Vermittler?

"Das Problem ist, dass Schilder durch Vandalismus oder Verschleiß beschädigt wurden. Zudem gibt es nicht genug Platz, um detaillierte Angaben zu allen Preisen zu machen", so BBG. Die Tarife – im Testfall immerhin ein Minutenpreis von rund 20 Euro – orientierten sich an den Betriebskosten, die in Zeiten abnehmender Nachfrage nun mal stiegen.

Bei der Telekom führte das Gebaren des Geschäftspartners zu internen Nachforschungen. Deren Abschlussergebnis ist noch nicht bekannt. Nach Rücksprache mit der zuständigen Fachabteilung berichtete ein Sprecher aber schon: "Den Dienst haben wir zum Schutz unserer Kunden bis auf weiteres gesperrt." Gleiche Preise für BBG und Telekom lägen wohl an "technischem Fehlverhalten". "Bevor die Fehler nicht nachweislich behoben sind, werden wir den Dienst nicht wieder freigeben."