Journalisten-Organisation ProPublica sammelt digitale Wahlwerbung

Die Journalisten-Organisation ProPublica will mit einem Browser-Plug-in deutsche Wahlwerbung auf Facebook sammeln und auswerten. Sie will so herausfinden, welche Parteien welche Anzeigen schalten. Jeder kann bei dem Projekt mithelfen.

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Facebook

(Bild: dpa, Kay Nietfeld)

Lesezeit: 2 Min.

Die investigative Journalisten-Organisation ProPublica will vor der Bundestagswahl am 24. September die Facebook-Werbeanzeigen von Parteien sammeln und auswerten. Mit einer Browser-Erweiterung wollen die Journalisten herausfinden, welche Werbeanzeigen die Parteien im Wahlkampf veröffentlichen und an wen sie gerichtet sind. Der digitale Wahlkampf auf Facebook ist verhältnismäßig intransparent und nicht so stark reguliert. Im Fernsehen und im Radio hingegen werde negative Wahlwerbung in den USA genau überwacht, schreibt ProPublica.

Während des US-Wahlkampfs im vergangenen Jahr gab es im Rahmen der Trump-Kampagne offenbar auch fragwürdige Inhalte auf Facebook zu sehen. Wenn diese Art der Wahlwerbung im Fernsehen gelaufen wären, hätten Journalisten und NGOs die Inhalte überprüft und falsche Behauptungen aufgedeckt. Weil die Trump-Wahlwerbung aber nur auf Facebook zu sehen war, könne niemand mit Sicherheit sagen, welche Inhalte es da gab und an wen diese gerichtet war, schreibt ProPublica. "Was auf Facebook passiert, bleibt bei Facebook."

Das Problem ist die zielgerichtete Werbung bei Facebook: Wer eine Anzeige auf der Plattform schaltet, kann sehr genau deren Zielgruppe bestimmen. Das können etwa 40-jährige weibliche Motorradfahrer sein, die in Nashville leben; laut ProPublica sind das 1300 Facebook-Mitglieder. Eine irreführende Werbeanzeige bekommt dann nur diese spezielle Zielgruppe zu sehen – nicht aber ein Journalist oder ein Faktenprüfer. Diese Exklusivität sorgt für Intransparenz im Wahlkampf.

Um bessere Einblicke in den digitalen Wahlkampf in Deutschland zu gewinnen, hat ProPublica mit dem "Polictical Ad Collector" (PAC) nun ein Browser-Plug-in für Chrome entwickelt; eine Version für Firefox soll noch folgen. Jeder, der bei dem Datenprojekt mithelfen will, braucht es nur installieren. Nach der Einrichtung sammelt das Tool die Anzeigen, die im Newsfeed von Facebook zu sehen sind. Ein Algorithmus soll die politischen Werbeanzeigen identifizieren.

Das Tool sammle dabei aber keine persönlichen Daten, versprechen die Macher. ProPublica erfährt zudem nicht, welche Anzeigen welchem Nutzer angezeigt wurden. Die gesammelte Wahlwerbung soll anschließend in einer Datenbank öffentlich zugänglich sein. Das PAC-Tool erfasst außerdem die Begründungen von Facebook, warum ein Nutzer genau diese Anzeige zu sehen bekam. Die Journalisten wollen so herausfinden, welche Nutzerschaft die jeweilige Anzeige erreichen sollte. Das Projekt wird journalistisch begleitet, zu den Medienpartnern in Deutschland zählen Spiegel Online, Süddeutsche Zeitung und Tagesschau. (dbe)