Öffentlich-Rechtliche: Experten fordern freie Hand für ARD und ZDF im Internet

Ein "Gesprächskreis aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft" macht sich dafür stark, den Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender an die Netzwelt anzupassen und deutlich zu erweitern. ARD und ZDF müssten Plattformen werden.

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(Bild: dpa, Julian Stratenschulte)

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Forscher, Medienexperten und Politiker haben zehn weitgehende Thesen zur Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen in einem offenen Brief an die Ministerpräsidenten der Länder zusammengetragen. Ausgangspunkt des "Gesprächskreises aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft" ist, dass der Auftrag von ARD, ZDF und Deutschlandradio "weiterentwickelt werden muss", damit diese in der Netzwelt "Öffentlichkeit schaffen können". Der Rundfunkbeitrag müsse im zweiten Schritt entsprechend bestimmt werden "und nicht umgekehrt". Die Anstalten sollten "sparsam wirtschaften", dürften sich aber nicht selbst "kaputt sparen".

Die Verfasser fordern, dass die nach sieben Tagen greifende, besonders umstrittene Löschfrist für bestimmte öffentlich-rechtliche Sendungen in Mediatheken abgeschafft wird. Der eng gefasste Archivauftrag müsse erweitert werden. Auch das Verbot der "Presseähnlichkeit" für Angebote von ARD und ZDF entspricht ihrer Ansicht nach "nicht den Bedingungen der Content-Aufbereitung im Internet und muss aufgehoben werden". Dann bräuchten die Sender auch nicht länger zwischen "sendungsbezogenen und nicht sendungsbezogenen Telemedien mitsamt der aufwändigen Ausweis- und Nachweispflicht" unterscheiden. Privaten Medien dürfte dieser Punkt kaum munden.

Auch das Verbot einer flächendeckenden lokalen Berichterstattung könnte dem Schreiben nach gelockert werden, soweit für bestimmte Gebiete eine solche gar nicht mehr existiere oder "Meinungsmonopole der publizistischen Konkurrenz bedürfen". Insgesamt plädieren die Autoren dafür, dass die Öffentlich-Rechtlichen ihren Telemedienauftrag weitgehend in Eigenregie fortentwickeln sollten, damit dieser "zeitgemäß" gefasst werde. Im Interesse der Allgemeinheit müsse es "starke Plattformen geben, die dem Publikum eine leicht erkennbare Anlaufstelle für öffentlich-rechtliche Angebote bieten" und die genannten Kriterien und Standards erfüllten. Denkbar wäre auch ein offener und nicht kommerzieller Portalverbund aller öffentlich-rechtlichen Anbieter als "Public Open Space", über die auch Angebote etwa von Museen, der Bundeszentrale für politische Bildung oder Wikipedia eingebunden werden könnten.

Neben dem Ausbau der Online-Aktivitäten müsse der "terrestrische Ausspielweg" für den klassischen Rundfunk aufrecht erhalten werden, halten die Sachverständigen fest. Nur so könne der Zugang für alle auch unter "sicherheitsrelevanten Aspekten" gewährleistet werden. Im Gefahrenfall müsse eine vom Netz unabhängige Verbreitungsinfrastruktur verfügbar sein. Zu den Erstunterzeichnern des Appells, der sich an eine Konsultation der Länder anschließt, gehören Markus Beckedahl von Netzpolitik.org, der Politologe Christoph Bieber, der Berliner Richter Ulf Buermeyer, ZDF-Internetrat Leonhard Dobusch, Mediensoziologe Volker Grassmuck, Till Kreutzer von irights.info, Journalismusprofessor Lorenz Lorenz-Meyer, die Piratin Julia Reda und die Grüne Tabea Rößner. Befürworter können sich den Forderungen online anschließen. (axk)