Facebook ließ gezielte Werbung an "Judenhasser" zu

Das Werbesystem von Facebook steht erneut in der Kritik. Diesmal geht es nicht um die Frage, ob das Netzwerk bei der Reichweite der Anzeigen schummelt, sondern um die Tatsache, dass man mit dem System gezielt Antisemiten als Zielgruppe auswählen konnte.

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Facebook ließ gezielte Werbung an "Judenhasser" zu
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Von
  • dpa

Das soziale Netzwerk Facebook – gleichzeitig eines der größten Werbe-Unternehmen der Welt – hat Anzeigen-Kunden ermöglicht, gezielt Antisemiten anzusprechen. Wie das US-Magazin ProPublica enthüllt hat, konnten Nutzer für die Vermarktung von Nazi-Andenken oder die Werbung für rechtsradikale Veranstaltungen die Zielgruppe "Juden-Hasser" auswählen. Facebook entfernte diese und ähnliche antisemitische Kategorien, nachdem ProPublica seine Recherchen öffentlich gemacht hatte. Die Zielgruppe beruhte auf Angaben, die die Facebook-Anwender über sich selbst gemacht hatten und wurde von einem Algorithmus eingeführt.

Nach eigenen Angaben konnte ProPublica Anzeigen für Leute platzieren, die etwa "Nazi Party" oder die SS aus dem Dritten Reich als Arbeitgeber eingetragen hatten. Die Zielgruppen seien aber klein gewesen, schränkte das Magazin ein. So habe man in der Kategorie "Jew Hater" 2274 Facebook-Mitglieder erreichen können sowie mit "German Schutzstaffel" und "Nazi Party" als Arbeitgeber jeweils 3149 und 2449 Profile. Um Werbung nur für sie zu schalten, seien sie zu klein gewesen. Das habe sich aber geändert, nachdem Nutzer mit einem Interesse an der deutschen NPD in die Auswahl genommen wurden (194.600).

Facebook erklärte in einem Blogeintrag in der Nacht zum Freitag, dass gezielte Werbung auf Basis von selbst eingetragenen Begriffen deaktiviert werde, bis man solchen Missbrauch verhindern könne. Die Richtlinien von Facebook untersagten strikt, Menschen wegen ihrer Eigenschaften zu attackieren. Dazu zähle auch die Zugehörigkeit zu einer Religionsgruppe. "Dennoch tauchen immer wieder Inhalte auf, die unsere Standards verletzen. Wir wissen, dass wir noch eine Menge Arbeit vor uns haben."

In der vergangenen Woche musste Facebook einräumen, dass seine Werbeplattform im US-Wahlkampf 2016 für politische Anzeigen von "nicht authentischen" Accounts missbraucht wurde, die mit Russland in Verbindung stehen.

Bei Facebook kann man gezielte Werbung für eine Auswahl aus tausenden Kategorien schalten – neben Geschlecht, Alter und Wohnort können das zum Beispiel auch Interessen oder Sprache sein. ProPublica schaltete im Rahmen der Recherchen selbst drei Anzeigen, die sich an Antisemiten richteten. Die Werbeschaltungen seien von dem Facebook-System innerhalb von 15 Minuten akzeptiert worden. Ähnliche Kategorien, die sich gegen andere Religionen richteten, haben die Journalisten demnach aber nicht gefunden. (mho)