"Wir wissen nichts" und "Hacker ohne Grenzen": G7 wollen Digitalisierung besser begleiten

Um eine gesellschaftliche Gegenreaktion gegen die Digitalisierung zu verhindern, müssen die G7-Regierungen Bürger und Unternehmen besser mitnehmen, meint die italienische G7-Präsidentschaft. Deshalb experimentiert sie mit neuen Formaten.

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"Wir wissen nichts" und "Hacker ohne Grenzen": G7 wollen Digitalisierung besser begleiten

(Bild: G7 Italy)

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Von
  • Monika Ermert

"Weil wir wissen, dass wir nichts wissen", wie es Italiens Wirtschaftsminister Carlo Calenda ausdrückte, tagte am Montag erstmals eine von der italienischen G7-Präsidentschaft initiierte Expertengruppe zu Innovation und Digitalisierung. Diese sogenannte I7 bereitete das G7-Digitalministertreffen vor, auf dem Calenda seine G7-Kollegen in Turin dazu aufrief, bei der Digitalisierung die Fehler der Globalisierungspolitik zu vermeiden und Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft mehr in die Diskussionen rund um Big Data, KI und Veränderungen der Arbeitswelt einzubeziehen.

Im Abschlusstext versprechen die Regierungen dann auch, mehr für Infrastruktur, Sicherheit und zur Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen zu tun. Die Empfehlungen des neuen 38-köpfigen Expertengremiums, auf das die Minister in ihren Beratungen zurückgreifen konnten, hoben die Notwendigkeit hervor, auch Politiker, Medien und andere Multiplikatoren besser über Digitalthemen zu informieren. Außerdem bedürfe es, so fasste Diego Piacentini, Kommissar für die digitale Agenda der italienischen Regierung. zusammen, mehr Ehrgeiz der Regierungen, neue Techniken wie etwa KI zur Abschätzung der Veränderungen einzusetzen. Das Gremium hatte die Frage, ob menschliche Arbeit künftig durch KI ersetzt wird, kurzerhand auch einer eigens aufgesetzten Künstlichen Intelligenz gestellt.

Die Digitalminister

(Bild: G7 Italy)

Eine Reihe weiterer Forderungen an die Regierungen lieferte eine dem Ministertreffen vorangestellte Multi-Stakeholder-Konferenz unter dem Motto "Für eine offene, sichere und inklusive digitale Wirtschaft und Informationsgesellschaft". Oxford-Professor Viktor Mayer Schönberger hatte dabei in der Debatte um Big Data an die Regierungen appelliert, jenseits von Datenschutz und Privacy viel mehr den Zugang zu den wachsenden Datenbergen besser zu regeln.

Knapp aufgegriffen wurde dieses Argument vom Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Matthias Machnig, der die Bundesregierung in der Ministerrunde vertrat. Die Regierungen hätten sich dringend Gedanken über den „Wettbewerb 4.0 zu machen. Denn ohne eine Rahmensetzung, so seine Befürchtung, "werden neue Monopole diktieren, in welche Richtung wir uns mit der Digitalisierung bewegen." Etwas verwässert hat es diese Befürchtung auch in das Abschluss-Kommuniqué geschafft. Deutlich mehr Platz räumten die G7-Vertreter dagegen den Themen freier Datenfluss und Sicherung des geistigen Eigentums ein.

Die unterschiedlichen Schwerpunkte der EU einerseits und der neuen US-Regierung unter Donald Trump wurden in Turin auch deutlich. Während die italienischen Gastgeber die Gestaltung und Steuerung der Digitalisierung für unabdingbar hielten, riet Michael Kratsios, Vize-CTO im Weißen Haus, den Regierungen, sich doch gänzlich herauszuhalten und Innovation und Wettbewerb dem Markt zu überlassen.

Auch beim Thema Cybersecurity unterscheiden sich die Strategien. Während die USA vom National Institute for Security and Technology (NIST) gesammelte oder mit entwickelte Standards in den Vordergrund stellt, unterstrich EU-Vizepräsident Andrus Ansip die EU-Initiative zur Zertifizierung von sicheren Diensten und Geräten im Rahmen des neu aufgelegten EU Cybersecurity Packages. In der Abschlusserklärung einigte man sich immerhin auf eine bessere Zusammenarbeit bei der Standardisierung.

Zum Thema Sicherheit hatten auch die I7 und die Multi-Stakeholder-Konferenz ausführlich diskutiert. Ein Vertreter des japanischen Netzbetreibers NTT empfahl, die G7 sollten sich doch eine internationale Hackereingreiftruppe überlegen. Im Stil von "Ärzte ohne Grenzen" sollten sie in Krisensituationen weltweit zum Einsatz kommen. Die salomonische Bilanz des US-Security Experten Ed Felten war da deutlich schlichter: "Es gibt überhaupt nicht die eine Lösung, Es gibt nur einen Haufen Arbeit." (mho)