G20-Krawalle: Polizei will mit automatisierter Gesichtserkennung Randalierer jagen

Die Soko "Schwarzer Block", die nach den G20-Krawallen in Hamburg ermittelt, hat gut 32.000 Videos zu möglichen Straftaten gesammelt. Software zur Gesichtserkennung soll nun helfen, Täter ausfindig zu machen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 118 Kommentare lesen
G20-Krawalle: Polizei will mit automatisierter Gesichtserkennung Randalierer jagen

Ausschreitungen während des G20-Gipfels in Hamburg Anfang Juli.

(Bild: dpa / Sebastian Willnow)

Lesezeit: 2 Min.

Eine erste Bilanz hat die Sonderkommission "Schwarzer Block" der Hamburger Polizei am Mittwoch rund drei Monate nach den schweren Ausschreitungen während des G20-Gipfels in der Hansestadt gezogen. Insgesamt habe die Soko bereits über 2000 Ermittlungsverfahren eingeleitet, erklärte Polizeipräsident Ralf Martin Meyer in einer Pressekonferenz. Sie sei aber noch dabei, "das ganze Material" auszuwerten. "Perspektivisch" werde es dann wohl 3000 Verfahren geben.

Gut 1000 weitere Hinweise auf Randalierer wollen die Fahnder aus dem großen Datenberg herausziehen, den sie etwa im Rahmen ihrer "Internet-Fahndung" über ein spezielles Hinweisportal im Web erhalten haben. Darüber seien rund 7000 Videos von Augenzeugen eingegangen, schreibt das Hamburger Abendblatt. Dazu kämen etwas 25.000 Aufnahmen, die Polizisten selbst erstellt hätten, sowie Material aus Überwachungskameras in öffentlichen Verkehrsmitteln und Bahnhöfen, das auf über 100 Festplatten gespeichert sei.

Soko-Leiter Jan Hieber sprach von einer Menge an Bildmaterial, wie es das "nach einem gewalttätigen Großereignis in der deutschen Kriminalgeschichte" noch nie gegeben habe. Der Kriminaldirektor kündigte an, ein Programm zur biometrischen Gesichtserkennung einsetzen zu wollen, um mehr potenzielle Täter identifizieren zu können. Hieber verspricht sich davon "viele neue Ermittlungsansätze" vor allem auch im Zusammenspiel mit der Auswertung von Geodaten, weil sich damit Bewegungsprofile von Verdächtigen erstellen lassen könnten.

Derzeit feilen die Ordnungshüter Hieber zufolge noch an einem Datenschutzkonzept für die automatisierte Gesichtserkennung. Ein paar Wochen oder Monate könnte dies dauern, räumte er ein. Datenschutzbeauftragte stehen Gesichtserkennungsverfahren äußerst skeptisch gegenüber, sehen für die Technik angesichts der neuen EU-Vorgaben für die Privatsphäre teils sogar keine Zukunft. Der Soko-Chef ist sich trotzdem sicher, dass viele sich derzeit sicher wiegende Randalierer noch eine Überraschung erleben werden. Die Videobeweise führten schon jetzt zu einer "erstaunlichen Geständnisbereitschaft". Kurz zuvor hatten Ermittler der Soko 14 Durchsuchungsbeschlüsse in Hamburg und Schleswig-Holstein vollstreckt und dabei sieben iPhones sowie weiteres Elektronikzubehör sichergestellt, die aus einem geplünderten Computerfachmarkt in der Schanzenstraße stammen sollen. (anw)