„Wenig Interesse, die nukleare Bedrohung zu verringern“

Der Friedensforscher Hans Kristensen warnt vor einer globalen Modernisierung des Atomwaffen-Arsenals und Gedankenspielen zu begrenzten Atomkriegen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 2 Min.

Dieser Interview-Ausschnitt ist der aktuellen Print-Ausgabe der Technology Review entnommen. Das Heft ist ab 12.10.2017 im gut sortierten Zeitschriftenhandel und im heise shop erhältlich.

TR: Wie nah steht die Welt vor einem Atomkrieg?

HANS KRISTENSEN: Nun, das ist tatsächlich die Preisfrage. Viele fragen sich, ob die Fortschritte, die Nordkorea in Bezug auf seine Waffentechnik gemacht hat, die Wahrscheinlichkeit eines Krieges erhöhen.

Was ist Ihre Antwort?

Im Moment hat niemand eine. Man kann aber auf jeden Fall beobachten, dass das US-Militär versucht, sichtbarer zu sein. Nicht nur, was das atomare Potenzial angeht. Sie haben auch eine ganze Reihe neuer, technisch sehr fortgeschrittener konventioneller Waffen in die Region verlegt. Das wirkliche Problem ist aber eher die Frage, ob die Kombination aus erhöhtem militärischen Potenzial auf beiden Seiten und einer sehr starken Rhetorik das Risiko für einen konventionellen Konflikt erhöht, und ob dieser Konflikt so weit eskalieren könnte, dass auch Atomwaffen eingesetzt werden. Das macht einer Menge Leute in den USA sehr viele Sorgen. Manchmal haben Sie eine Regierung, die daran interessiert ist, die nukleare Bedrohung zu verringern, wie die Obama-Regierung. Und nun haben wir die Trump-Regierung, die sehr wenig Interesse daran hat.

Ist die Hemmschwelle für eine nukleare Auseinandersetzung gesunken?

Das ganze Säbelrasseln, das wir in letzter Zeit gesehen haben, könnte tatsächlich ein Zeichen dafür sein, dass manche Leute ein bisschen den Respekt vor der enormen Macht und der Gefahr nuklearer Waffen verloren haben. Das betrifft nicht nur die Regierungen. Eine Umfrage in den USA hat ergeben, dass eine Mehrheit den Einsatz einer Atombombe gegen den Iran gutheißen würde, wenn dadurch US-Truppen weniger Verluste erleiden würden. Und das auch, wenn der Iran selbst keine Atomwaffen hätte. In dem Maße, in dem wir uns mehr und mehr von der Ära des Kalten Krieges entfernen, erkennen die Menschen die außergewöhnliche Gefährlichkeit von Atomwaffen immer weniger an. Hinzu kommt, dass Nordkorea nicht das einzige Problem ist.

(wst)