LiMux: Bund der Steuerzahler rügt Millionenverschwendung in München

Das Hin und Her zwischen Windows und Linux in der Münchner Stadtverwaltung empört nun auch den Bund der Steuerzahler. Als "skandalösen" Fehlschlag wertet dieser auch die Gesundheitskarte und andere staatliche IT-Großprojekte.

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LiMux: Bund der Steuerzahler rügt Millionenverschwendung in München
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Der Bund der Steuerzahler hat den 2003 beschlossenen Wechsel von Windows zum Linux-basierten Betriebssystem LiMux bei der Münchner Stadtverwaltung und die nun geplante Rolle rückwärts zu Microsoft in sein aktuelles, am Donnerstag herausgegebenes Schwarzbuch zur "öffentlichen Verschwendung" aufgenommen. Die Migration sei als "IT-Experiment für 19,1 Millionen Euro" offenbar gescheitert, meint der Verein. Die Münchner hätten mit dem Umstieg "kein Glück" gehabt. Nun werde die beabsichtigte Rückkehr zu Produkten der Redmonder "weitere Steuergelder in Millionenhöhe verschlingen".

Seinerzeit sei davon ausgegangen worden, "dass der mit 'LiMux' verfolgte Open-Source-Ansatz von mehreren Organisationen verfolgt werden würde, so dass sich Linux als ernst zu nehmende Alternative zu Windows für Arbeitsplätze in größeren Organisationen entwickeln würde", schreiben die privaten Prüfer. "Doch leider kam es anders als gedacht." Das Ziel der Münchner, mit ihrer IT-Infrastruktur herstellerunabhängig zu werden sowie Lizenz- und Hardwarekosten zu sparen, sei auf Dauer nicht erreichbar gewesen.

"Heute sind wir mit einer vornehmlich auf Linux ausgerichteten Clientlandschaft in vielen Fällen mit teilweise großen Schwierigkeiten und zusätzlichen Kosten konfrontiert, wenn es darum geht, professionelle Anwendungssoftware am Markt zu erwerben und zu betreiben", ließ die Stadt München den Bund der Steuerzahler wissen. Sie sei bereits seit Jahren gezwungen, neben LiMux auch Windows-Systeme zu verwenden, "da wir anderweitig unsere Geschäftsprozesse nicht geeignet unterstützen können". Auf Dauer führe dieser Zustand dazu, dass der Betrieb der uneinheitlichen Client-Landschaft "nicht mehr kosteneffizient gestaltet werden kann". Daher solle nun ein Konzept für einen weiteren Neustart mit Windows erstellt werden.

Für den Steuerzahlerbund hat sich LiMux so als "folgenschwere Fehlentscheidung" erwiesen, wobei er aber außen vor lässt, dass München zunächst nach eigenen Berechnungen mit der Migration auf freie Software innerhalb von weniger als zehn Jahren über zehn Millionen Euro sparen konnte. Unberücksichtigt bleibt auch, dass die Rückmigration nicht aufgrund technischer Fehler bei LiMux nötig wurde und es sich dabei um eine politische Entscheidung handelt. Dass in anderen Städten wie Schwäbisch-Hall alles gut läuft mit Linux, erwägen die Bürokratiegegner ebenfalls nicht.

Für das Schwarzbuch 2017/18 befasst sich der Verein generell in einem Sonderkapitel erstmals mit "Fehlschlägen" der digitalen Verwaltung. Ein besonders "skandalöses Beispiel" ist für ihn dabei die elektronische Gesundheitskarte, da diese "elf Jahre nach ihrer Einführung sowie voraussichtlichen Kosten für Praxen, Kliniken und Krankenkassen in Höhe von 2,2 Milliarden Euro immer noch nicht richtig genutzt werden kann". Ein ebenso gravierendes Problem sei die mangelhafte Entwicklung von einheitlichen IT-Systemen im Steuer- und Sozialversicherungssystem, die alle staatlichen Ebenen miteinander verbinden sollten. Unkoordinierte Planungen hätten die Steuerzahler auch hier bereits Millionen Euro gekostet.

Konkret gehen die Verfasser des Schwarzbuchs etwa auch auf ein Spendenportal in Form einer "Crowdfunding-Plattform" in Schleswig-Holstein ein, über die bislang nur 230.000 Euro für 125 Projekte ausgezahlt worden sei. In dem Bundesland sei zudem die digitale Bearbeitung von Beihilfeanträgen vorläufig gescheitert, was sich als sehr kostspielig erweise. In Hamburg habe sich das Softwareprojekt "Kooperation Personaldienste" (KoPers) zum "digitalen Millionengrab" entwickelt, während das Programm "Jus-IT" für die Sozialbehörde von "Pleiten, Pech und Pannen" gezeichnet sei. In Berlin sorgten Probleme beim Umstieg auf ein neues Softwaresystem in der Justiz für ein "IT-Chaos". (anw)