Financial Times bekämpft Werbebetrug

Millionenverluste durch Domain-Spoofing: Werbenetzwerke verkauften Videowerbung für Leser der Financial Times, die aber tatsächlich auf anderen Websites ausgespielt wurde.

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IAB Europe: Online-Werbung passiert 40-Milliarden-Marke

(Bild: Viktors Kozers)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
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Der grassierende Betrug im Werbemarkt wird immer wieder beklagt – die britische Financial Times bekämpft das Problem nun konkret. Wie unter anderem das Fachmedium Digiday berichtet, hat die Financial Times mehrere Werbenetzwerke aufgefordert, betrügerische Anbieter zu sperren, die vorgeblich Werbung auf der Website der britischen Zeitung verkaufen.

Bereits Ende September hatte das Finanzblatt eine Untersuchung gestartet, auf welchen Plattformen Werbeplätze auf FT.com angeboten wurden. Das Ergebnis: Ein Großteil der Marktplätze hatte keinerlei Geschäftsbeziehung mit der Financial Times. Die dort angebotene und verkaufte Werbung wurde also nie an das Verlagshaus ausgeliefert. Stattdessen spielten die Betrüger die für ein hochwertiges Umfeld gebuchten Anzeigen auf anderen Websites aus, wo sie teilweise nur von Bots abgerufen werden.

Anthony Hitchings, der für das Digitalmarketing auf FT.com zuständig ist, verglich die Praxis mit organisiertem Verbrechen – pro Monat wurden so schätzungsweise 1,1 Millionen Euro an Betrüger statt an das Verlagshaus ausbezahlt.

Um Betrügereien zu bekämpfen hatte das international agierende Interactive Advertising Bureau (IAB) in diesem Jahr den neuen Standard Ads.txt etabliert. Damit können Publisher in einer Textdatei veröffentlichen, welche Werbenetzwerke auf ihren Webseiten Anzeigen schalten können. Auf diese Weise sollen Trittbrettfahrer auf Dauer von den offenen Werbe-Marktplätzen vertrieben werden.

Zwar wird die Technik inzwischen von immer mehr Verlagen implementiert, doch auf Nachfragerseite werden die Angaben offenbar noch weitgehend ignoriert. So ist es gerade beim programmatischen Advertising gebräuchlich, dass Werbeplätze über zahlreiche Unternehmen weiterverkauft und in Echtzeitbörsen vollautomatisiert gebucht werden. Die Financial Times setzt jedoch zum größten Teil auf klassische Online-Werbung.

Wie das Wall Street Journal berichtet, hat sich die Financial Times nun direkt an mindestens sechs Anbieter gewandt, über die in der Vergangenheit solche betrügerischen Anzeigen angeboten wurden. Zu den Unternehmen gehört auch die nun zu Verizon gehörende Firma Oath, die das Kerngeschäft von AOL und Yahoo übernommen hatte. Nachdem sie direkt informiert wurden, sperrten die Werbenetzwerke die entsprechenden Angebote.

Wie weit solche Betrugstechniken verbreitet sind, ist unklar. Die World Federation of Advertisers, die internationale Werbekunden wie McDonald's und Sony vertritt, beklagt eine jährlichen weltweiten Schaden von mehreren Milliarden Euro, der bis 2025 auf 40 bis 125 Milliarden Euro steigen könnte.

Der Online-Vermarkterkreis im Bundesverband Digitale Wirtschaft geht für den deutschen Werbemarkt hingegen von einer eher geringen Betrugsquote von 2,2 Prozent aus. (kbe)