Displays bei Pixel 2 und Pixel 2 XL: Kein Einbrennen im c't-Labor festgestellt

Derzeit häuft sich die Kritik an den Displays der neuen Google-Smartphones. Vor allem das Pixel 2 XL sorgt für Unmut: Nutzer klagen über flaue Farben und Einbrenneffekte. Wir sind dem nachgegangen.

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Display-Drama bei Google: Pixel 2 und Pixel 2 XL im Labor
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Googles neue Smartphone-Flaggschiffe stehen wenige Wochen nach ihrer Vorstellung erneut im Fokus der Öffentlichkeit – aber nicht so, wie sich Tech-Riesen wie Google das mit ihren komplett durchchoreografierten Produktpräsentationen erhoffen. Unter die anfänglich überwiegend positiven Bewertungen mischen sich inzwischen deutliche Misstöne. Dafür ist maßgeblich das Pixel 2 XL verantwortlich. So beklagen Kritiker und Nutzer unter anderem die saft- und kraftlose Darstellung des Sechszöllers. Und dann ist da die Sache mit dem Einbrennen: Einigen Nutzerberichten zu Folge sollen beim Pixel 2 XL Einbrenneffekte aufgetreten sein.

Beim “Einbrennen” bleiben häufig oder auf Dauer angezeigte Motive wie ein Schatten über der Bildschirmanzeige liegen. Das ist bei OLED-Displays, wie sie in beiden Pixel-Modellen verbaut sind, insbesondere an kontrastreichen Kanten grundsätzlich möglich, tritt jedoch üblicherweise – wenn überhaupt – erst nach langer Anzeige statischer Bildinhalte bei sehr hoch eingestellter Bildschirmhelligkeit auf. Bei unserem Testgerät konnten wir kein Einbrennen feststellen. Solange sich die Fälle nicht häufen, dürfte es sich wohl eher um einzelne Defekte handeln.

OLED-Displays zeichnen sich üblicherweise durch ein sehr sattes Schwarz, kräftige Farben und eine blickwinkelunabhängige Darstellung aus. Das kleine Modell ist mit einem wohl von Samsung gefertigten AMOLED ausgestattet, wohingegen im Pixel 2 XL ein P-OLED (Polymer/Plastic-OLED) von LG steckt. Statt den im AMOLED verwendeten Glassubstraten kommt beim P-OLED Kunststoff für Substrate und Deckschicht zum Einsatz. So lassen sich besonders dünne, gebogene oder sogar flexible OLEDs herstellen.

Beim Pixel 2 XL sorgt das P-OLED für schlechte Kritiken – von denen allerdings nicht alle gerechtfertigt sind. Unseren Messungen zufolge hat Google die interne Kalibrierung des Displays nicht besonders gut hinbekommen. Unser Pixel 2 XL zeigt einen deutlichen Blaustich. Das kann Google locker mit einem Firmware-Update korrigieren. Schwerer wiegt die – in dieser Preisklasse eher unübliche – Blickwinkelabhängigkeit: Neigt oder kippt man das Smartphone nur minimal, verstärkt sich der Blaustich. Das kleinere Pixel 2 erlaubt hingegen deutlich größere Einblickwinkel, bis die Anzeige einen Farbstich bekommt.

Google Pixel 2 und Pixel 2 XL (3 Bilder)

Das größere Pixel 2 XL (6 Zoll, links) hat deutlich dünnere Displayrahmen als das 5-Zoll-Modell (rechts).

Oft kritisiert wird darüber hinaus die "körnige" Darstellung von einfarbigen Flächen. Das könnte an der Plastik-Abdeckung des P-OLED-Displays liegen. Schon beim Test des LG G Flex vor rund zwei Jahren war ein Farbrauschen auf dem Display zu bemerken, das an das Bildrauschen bei zu geringer Belichtung erinnerte. Auf unserem Pixel 2 XL konnten wir diese Körnung auch nach mehrfacher Begutachtung nur schwach erkennen. Eventuell unterliegt das Display einer stärkeren Serienstreuung und wir haben eines der besseren Geräte erwischt.

Viel Schelte bekommt das Pixel 2 auch für seine vermeintlich flaue Farbdarstellung. Allerdings zeigen unsere Messungen, dass das Display des Pixel 2 XL – wie von Google versprochen – einen sehr großen Farbraum abdeckt und dabei das kleinere Modell sogar leicht übertrumpft. Der Unterschied macht sich vor allem bei besonders satten Grüntönen bemerkbar, die auf dem XL-Modell eine Spur kräftiger wirken.

Tatsächlich zeigen sowohl das Pixel 2 als auch das Pixel 2 XL Fotos und Hintergrundbilder in weniger grellen Farben als andere Smartphones mit OLED-Display. Die Darstellung wirkt natürlicher und erinnert eher an die eines klassischen LCDs. Die Ursache dürfte das mit Android 8 eingeführte Farbmanagement sein. Es soll unabhängig von der Display-Technik auf jedem Gerät dieselbe farbverbindliche Darstellung sicherstellen. Nebeneffekt: Wer OLEDs mit super knalligen Farben gewohnt ist, dürfte die Darstellung als flau empfinden, auch wenn sie dem natürlichen Aussehen der Bildmotive näherkommt.

Im direkten Vergleich sehen unsere Testgeräte bei direkter Draufsicht gleich farbstark aus. Das Pixel 2 XL stellt Farben minimal dunkler dar und entsättigt aufgrund seiner stärkeren Blickwinkelabhängigkeit deutlicher, weshalb es bei Kritikern wohl schneller durchfiel. Hier hätte sich Google viel Ärger ersparen können, wenn er seinen Kunden ein paar Einstellungsmöglichkeiten für das Farbmanagement an die Hand gegeben hätte. So erlauben zum Beispiel Samsung und Huawei, den Farbraum und die Farbtemperatur nach eigenen Wünschen einzustellen.

Abgesehen von den Diskussionen über die Display-Qualität ist uns aufgefallen, dass das Pixel 2 XL nicht optimal für Googles Virtual-Realtiy-Plattform Daydream ist. Bei der Nutzung in einer VR-Brille flimmert die Anzeige, was wir beim kleinen Pixel 2 und dem Vorgängermodell so nicht feststellen konnten. Nachdem wir in den VR-Einstellungen von "Unschärfe reduzieren" auf "Flimmern reduzieren" umstellten, neigte das Display deutlich zur Schlierenbildung bei Kopfbewegungen. VR-Fans mit flimmerempfindlichen Augen sind deshalb mit dem Pixel 2 besser beraten, müssen sich dann aber auch mit dem kleineren Sichtfeld zufrieden geben.

Siehe dazu auch:

(vbr)