Schulen im Netz: Web-Portale als Auffahrtrampe

Bald ist es soweit: Deutschlands Schulen sind online. Aber was wollen sie da?

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"Hurra, wir sind online!" so mag es derzeit durch manches Schulgebäude in deutschen Landen hallen. Lange genug hat es ja gedauert. Aber wo man schon mal online ist – was macht man da eigentlich? In dieses inhaltliche Vakuum treten auf der diesjährigen Bildungsmesse in Hannover verschiedene Anbieter und werben um die Aufmerksamkeit von Schülern, Eltern und Lehrkräften. Sie haben erkannt, an was es der momentanen Internetkampagne mangelt: Inhalte (neudeutsch auch "Content" genannt).

Schulbuchverlage haben naturgemäß viele solcher schulrelevanter Inhalte für Schüler und Lehrer zu bieten. Einziges Problem: Sie können und wollen diese nicht kostenfrei abgeben und die Vermarktungswege im neuen Medium sind noch am Entstehen. Das Tauschprinzip ist ein anderer Weg, um als Portal-Anbieter an Inhalte zu gelangen. Jeder Teilnehmer ist hierbei aufgefordert, eigene Unterrichtsmaterialien zur Verfügung zu stellen. Je nach dem, ob die eingehenden Vorschläge noch durch Redaktionen bewertet und mit Schlagworten versehen werden, kann die Qualität solcher Materialbörsen erheblichen Schwankungen unterliegen.

Das te@chweb-Angeot des Cornelsen-Verlags richtet sich an Lehrer. Übersichtlich nach Unterrichtsfächern und Schulformen gegliedert, bietet das Portal kommentierte Materialbörsen, Linklisten und (kostenpflichtige) Unterrichtsmaterialien aus dem Printbereich. Mit einer anderen Offerte richtet sich der Verlag an die Zielgruppe der Schüler: Mit learnetix.de ist Cornelsen bei der Vermarktung professioneller Nachhilfe-Dienste über das Internet am weitesten fortgeschritten. Schüler können sich mit ihren Fragen an learnetix wenden. Die Beantwortung aller Fragen für die Fächer Mathematik, Englisch und Deutsch kostet im Monatsabo 59 Mark. Alternativ lässt sich auch ein learnetix-Konto einrichten: fünf Fragen für 50, oder 20 Fragen für 160 Mark. Die Fragen werden von ausgebildeten Lehrern beantwortet, die mit Cornelsen Heimarbeitsverträge geschlossen haben. Die learnetix-Site lockt Schüler natürlich nicht nur mit kostenpflichtigen Nachhilfeangeboten, sondern auch mit kurzen Online-Kursen und dem bei Schülern allseits beliebten Chat, der hier ohne Aufsicht stattfindet.

Die Firma education-one aus Hannover startete ihr Bildungsportal Schule-online, das sie im Auftrag des zur Holtzbrinck-Gruppe gehörenden Schroedel Verlags entwickelt hat. Neu am Konzept ist der "virtuelle Schreibtisch", der es Lehrern ermöglichen soll, themenbezogene Internetseiten aufzubauen, die sich online im Unterricht einsetzen lassen. Die jeweiligen Daten können dann kostenlos abgelegt werden und sind über jeden Internetzugang abrufbar – verschlüsselt und passwortgeschützt. Leider ist gerade dieses Feature momentan nicht verfügbar – mit den ins Netz gestellten Screenshots der Auswahlmasken wollte man wohl nur eine "optische" Messetauglichkeit herbeiführen.

Einen Schritt weiter ist hier das Portal Lehrer-online, das unter dem Dach der Initiative Schulen ans Netz steht. Unter dem Namen lo-net stellt das Portal seinen Nutzern einen funktionierenden, kostenlosen Webarbeitsplatz zur VerfĂĽgung: E-Mail-Zugang (Web oder POP3), eigene Homepage und Terminplaner inklusive. Die restlichen Features von lehrer-online sind mit denen anderer Anbieter weitgehend identisch. Durch die Zusammenarbeit mit Schulen ans Netz finden sich hier viele QuerbezĂĽge zu erprobten Unterrichtskonzepten zum Einsatz neuer Medien.

Auch bestehende Portale versuchen, die neuen Bürger in der Online-Gemeinde für sich zu gewinnen. So stellte das Karlsruher Unternehmen Web.de seinen "Web-Führerschein" vor, ein Internet-Kurs für den Medienunterricht in Schulen. Um den Führerschein zu erlangen, muss der Nutzer nach Durchführung des Kurses in einem Online-Formular verschiedene, etwas kraus formulierte Fragen zum Internet beantworten. Der erfolgreiche Teilnehmer kann sich dann den Web.de-Führerschein ausdrucken. Das Drücken des Zurück-Buttons versetzt ihn danach in die glückliche Lage, auch anderen Freunden und Bekannten auf einfache Art zur Urkunde zu verhelfen. Darüber hinaus hat Web.de auf der Bildungsmesse angekündigt, den Zweig "Bildung & Wissenschaft" des Portals stärker auszubauen.

Sicherlich haben Schulbuchverlage und andere Anbieter die Zeichen der Zeit richtig erkannt: Das Bildungswesen öffnet sich langsam aber stetig den neuen Medien, und das Bedürfnis nach Orientierung ist groß. Es wird spannend sein zu beobachten, welche Teilnehmer die neuen Familienmitglieder an sich binden können. Auf das sie auch morgen noch rufen werden: "Hurra, wir sind online!" (sha)