Zahlen, bitte! Das Plancksche Wirkungsquantum – vom Hotfix zur Quantenphysik

Zum "World Quantum Day": Das Plancksche Wirkungsquantum begründete nicht nur die Quantenphysik, sondern verbindet Eigenschaften von Wellen und Teilchen.

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Zahlen, bitte! Ein kleines Quantum mit großer Wirkung
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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Volker Zota
Inhaltsverzeichnis

Mit dem "World Quantum Day" am heutigen 14. April wollen Quanten-Wissenschaftler und -Wissenschaftlerinnen die breite Öffentlichkeit über Quantenforschung und -technik aufklären. Ob Quantenphysik oder Quantencomputer, Dreh- und Angelpunkt ist und bleibt das "Plancksche Wirkungsquantum".

h = 6,626 × 10-34 Js (Joule × Sekunde) oder – wie Teilchenphysiker gerne in Elektronenvolt schreiben: h = 4,135 669 2(12) × 10-15 eV Hz-1 – gehört zu den universellen Naturkonstanten. Von letzterer Schreibweise in gerundeter Form des amerikanischen Datumsformats 4/14 leitet sich das gewählte Datum für den heutigen World Quantum Day ab.

Max Planck "entdeckte" h, als er versuchte, im Jahr 1899 die Wärmestrahlung schwarzer Körper theoretisch zu beschreiben. Als schwarzen Körper bezeichnen Physiker ein System, das sämtliche Strahlung absorbiert. Weil sich ein solches System ausgezeichnet durch einen Hohlraum mit einer winzigen Messöffnung beschreiben lässt, spricht man auch von "Hohlraumstrahlung".

Bei hohen Frequenzen ließen sich die Messwerte gut mit dem empirisch ermittelten Wienschen Strahlungsgesetz beschreiben, das sich aber nicht aus der klassischen Thermodynamik ableiten ließ. Es beschreibt das Spektrum durch einen negativen Exponentialfaktor, der vom Quotienten aus Frequenz und der Temperatur abhängt.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Für seinen Versuch einer theoretischen Ableitung betrachtete Planck die Hohlraumstrahlung als eine Vielzahl harmonischer Oszillatoren unter Berücksichtigung der Entropie. Daraus leitete Planck theoretisch eine Formel in Form des Wienschen Strahlungsgesetzes ab, deren einer Parameter mit 6.62607015 × 10−34 Js nur geringfügig über der später als Wirkungsquantum bezeichneten Konstante h lag. Die Bedeutung des Parameters lag noch völlig im Dunkeln.

In den Sitzungsberichten der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin gab Planck erstmals den Wert von h an (dort noch schlicht als Parameter b bezeichnet), der in Js umgerechnet nur wenige Prozent über dem tatsächlichen Wert von h liegt.

(Bild: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften / Hervorhebung heise online)

Bei genaueren Messungen der Wärmestrahlung schwarzer Körper stellte sich allerdings heraus, dass die Formel für niedrige Frequenzen (oder große Wellenlängen) falsch war. Stattdessen ließ sich das Spektrum hier mit dem aus der klassischen Thermodynamik abgeleiteten Rayleigh-Jeans-Gesetz beschreiben. Dieses würde bei hohen Frequenzen wiederum zu einer "Ultraviolett-Katastrophe" führen, kann also auch nicht vollständig richtig sein. Die Wahrheit musste also irgendwo dazwischen liegen. Planck bastelte gewissermaßen als "Hotfix" eine interpolierende Formel, die für niedrige Frequenzen in das Rayleigh-Jeans-Gesetz überging und für hohe Frequenzen in das Wiensche Strahlungsgesetz.

Im Nachgang legte Planck auch die theoretischen Grundlagen, indem er aus dem Hotfix sein Strahlungsgesetz ableitete. Dies setzte allerdings voraus, dass die Oszillatoren nur in diskreten (quantisierten) Energiestufen ΔE = h · f Energie austauschen können, wobei h eine Konstante und f die Frequenz des Oszillators ist. Der Buchstabe h stand dabei schlicht für "Hilfsgröße", etablierte sich später aber als Abkürzung für das Wirkungsquantum. Das Besondere an Plancks einfacher Formel: Sie verbindet Teilcheneigenschaften (Energie) mit Welleneigenschaften (Frequenz). Obwohl Planck die Quantelung der Energiezustände einführte, verstand er diese aber nicht als Eigenschaft der Lichtwellen, sondern schrieb sie den Hohlraumstrahlern selbst zu.

Die Lichtquantenhypothese führte erst Albert Einstein ein. Den Lichtquanten (oder Photonen) schrieb er die Energie E = h · f zu und konnte so den Photoelektrischen Effekt erklären, was ihm 1921 den Nobelpreis einbrachte (wurde erst 1922 verliehen). Dabei erkannte Einstein, dass elektromagnetische Strahlung mal Wellen- und mal Teilcheneigenschaften zeigte. Dieser Welle-Teilchen-Dualismus brachte … und bringt noch heute … so manchen Physiker zur Verzweiflung ;-)

Damit nicht genug, leitete Werner Heisenberg (der Physiker, nicht der Deckname aus "Breaking Bad") 1927 seine berühmte Unschärferelation ab, in der das Wirkungsquantum ebenfalls eine elementare Rolle spielt:

Δp × Δx ≥ h/4π

Δx ist dabei die Ungenauigkeit der Messung des Ortes eines Objekts, Δp die des Impulses. Oft begegnet einem die Unschärferelation auch in der folgenden Schreibweise: Δp × Δx ≥ ħ/2. ħ ("h quer") ist dafür eine Abkürzung für ħ = h/(2π) – Physiker stehen darauf.

Die Unschärfe- oder Unbestimmtheitsrelation sagt somit aus, dass bei der Messung des Ortes eines Objekts zwingend dessen Impuls beeinflusst wird. Je genauer man den Ort bestimmen will, desto ungenauer ist die Impulsmessung und umgekehrt. Es lassen sich also Ort und Impuls nie gleichzeitig beliebig genau messen. Die Relation lässt sich auch auf andere konjugierte (zusammenhängende) Messgrößen erweitern. Für den makroskopischen Alltag spielt die Unschärferelation wegen der Winzigkeit von h üblicherweise keine Rolle, sie wird erst auf mikroskopischem Level relevant. Es hatte jedoch auch bei der Neudefinition des Kilogramm eine gewichtige Rolle. Im Jahr 2019 wurde es nämlich als abgeleitete Größe aus Planckschem Wirkungsquantum, Lichtgeschwindigkeit und Cäsium-Frequenz festgelegt:

1 kg = 1,475521 × 1040 (h·fCs/c²)

Einige können sich aus der Schulzeit vielleicht noch an eine etwas vereinfachte Form der Unschärferelation erinnern:

Δp × Δx ≈ h

Diese wird typischerweise bei der Erläuterung des Welle-Teilchen-Dualismus mit einem Beugungsexperiment an einem Spalt abgeleitet:

Spaltexperiment zur einfachen Ableitung der Heisenbergschen Unschärferelation in typischer Whiteboard-Notation

Die Ortsunschärfe Δx ist durch die Spaltbreite bestimmt, die Impulsunschärfe durch das erste Minimum des Beugungsbildes. Der Gangunterschied der Welle bei erstem Minimum beträgt mindestens eine Wellenlänge, also λ = Δx × sin α, die Impulsunschärfe ist Δp ≈ p × sin α. Um einen Zusammenhang zwischen Wellenlänge und Impuls herzustellen, braucht man noch die De-Broglie-Wellenlänge: λ = h/p, mit deren Hilfe die Gleichung Δp × Δx ≈ h folgt. Der fehlende Faktor 4π spielt keine wesentliche Rolle, da es bei der Unschärferelation vornehmlich um die Größenordnungen geht.

(vza)