Zurück in die Zentrale

Apples neuer Firmensitz ist das sichtbarste Zeichen für das Comeback der Großraumbüros – was nicht schlecht ist, wenn man sie richtig gestaltet. Bei Apple aber waren viele Mitarbeiter erst einmal sauer.

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Von
  • Eva Wolfangel

Dieser Artikel-Ausschnitt ist der aktuellen Print-Ausgabe der Technology Review entnommen. Das SPECIAL-Heft ist ab 7.12.2017 im gut sortierten Zeitschriftenhandel und im heise shop erhältlich.

Wenn dieser Artikel erscheint, sind wohl 13000 Apple-Mitarbeiter in ein Raumschiff gezogen: in das Spaceship, wie die neue Konzernzentrale in Cupertino im Silicon Valley wegen ihres spektakulären Aussehens auch genannt wird. Das ringförmige Gebäude auf dem teuersten Unternehmens-Campus der Welt (er soll fünf Milliarden US-Dollar gekostet haben) wurde von dem britischen Architekten Norman Foster entworfen. Es wird statt über Klimaanlagen natürlich belüftet, ist umgeben von unzähligen eigens gepflanzten Bäumen und bietet einen riesigen Fitness- und Wellnessbereich.

Eigentlich sollten sich die Mitarbeiter also glücklich schätzen über ihr neues berufliches Zuhause. Die erste Reaktion von Johny Srouji, Vice President für Hardware-Entwicklung, fiel allerdings alles andere als begeistert aus. Sein Kommentar laut Medienberichten: „Fuck that, fuck you, fuck this, this is bullshit.“

Den Wutausbruch soll vor allem die konsequent offene Büro-Architektur ausgelöst haben – eigentlich gedacht, um Kreativität und Zusammenarbeit der Mitarbeiter zu fördern. Die wenigen Bilder, die bis Herbst 2017 von der Inneneinrichtung der neuen Zentrale an die Öffentlichkeit drangen, zeigen Reihen von Tischen, die offenbar von der einen Fensterfront an der Innenseite des Raumschiffs bis zur anderen Fensterfront reichen – gänzlich ohne Abtrennungen durch Cubicles.

Apple selbst sagt nichts dazu. Doch die anhaltende Berichterstattung spricht dafür, dass keineswegs alle normalen Mitarbeiter von der neuen Zentrale so hingerissen sind, wie es wohl gedacht war. Sie beschweren sich, dass es mit so vielen Personen in einem Raum viel zu laut für konzentriertes Arbeiten sei, kreative Nähe hin oder her. Zumindest Srouji hatte mit seiner Attacke augenscheinlich Erfolg: Sein Hardware-Team soll nach dem wütenden Protest ein eigenes Gebäude bekommen haben, in dem die streng offene Lösung relativiert ist – ebenso wie für die Führungsspitze des Unternehmens, die Büros in der vierten Etage des Spaceship bezieht.

Das Phänomen ist nicht nur bei Apple zu beobachten. Man kann die neue Zentrale durchaus als extreme Ausprägung eines Trends ansehen, der sich 2017 ausgeweitet hat: Tech-Unternehmen wollen ihre Mitarbeiter wieder nah beieinander haben. Das Großraumbüro ist wieder im Kommen.

Einige Jahre lang galt es gerade unter Technologie-Unternehmen als besonders innovativ, den Beschäftigten die komplette Freiheit zu geben. Microsoft Deutschland verankerte 2014 den „Vertrauensarbeitsort“ in einer Betriebsvereinbarung und warb damit, dass Mitarbeiter auch im Café arbeiten dürfen. Das sollte hip und kreativitätsfördernd sein – und dank Skype & Co. schien es auch keinen Grund mehr dafür zu geben, dass Mitarbeiter an einem festen Ort zusammenkommen. Es entstand eine ganze Bewegung digitaler Nomaden, Singles, die immer dort waren, wo es gerade schön ist.

Bald aber wurde klar, dass dies zu Problemen mit der Identifikation mit dem eigenen Unternehmen führen konnte. Die damalige Yahoo-Chefin Marissa Mayer war 2013 die Erste, die diesem Konzept den Kampf ansagte und 11500 US-Mitarbeiter aus dem Homeoffice zurück ins Firmenbüro beorderte. Nicht nur der Zusammenhalt stand für sie auf dem Spiel, sondern auch die Innovationsfähigkeit: Die besten Ideen entstünden schließlich in der Cafeteria, sagte Mayer – und fügte sich in ihre Rolle als Spielverderberin. Da half es auch nichts, dass das Kantinenessen bei Yahoo als weiterer Anreiz von da an kostenlos war. Die Mitarbeiter waren sauer.

(sma)