Solarkonzentratoren: Nur Hitze hilft

Um die Alternativtechnik zur Photovoltaik effizient und kostengünstig zu machen, muss die Wärmeentwicklung gesteigert werden, sagen Forscher.

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Von
  • James Temple
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In Albuquerque im US-Bundesstaat New Mexico steht ein 60 Meter hoher Turm in einem Feld sich drehender Spiegel. Die Anlage nennt sich "National Solar Thermal Test Facility" und sie wird von den Sandia National Laboratories betrieben. Wissenschaftler arbeiten hier an neuen Verfahren, mit denen die Konzentration von Sonnenenergie billiger und effizienter gemacht werden kann – und das heißt zwangsläufig auch heißer.

Mehrere Hundert Spiegel fokussieren das Sonnenlicht auf einen Empfänger an der Spitze des Solarturms. Bei konventionellen Systemen würde dies dann Wasser oder eine andere Flüssigkeit erhitzen, die dann wiederum Dampf erzeugen, mit dem eine elektrische Turbine betrieben wird. Doch hier wird eine andere Methode verwendet: Ein Vorhang aus feinen Keramikpartikeln fällt kontinuierlich durch die konzentrierte Sonnenstrahlung der Spiegel. Die Partikel, die aussehen wie schwarzer Sand, erreichen problemlos 100 Grad Celsius mehr als Standardflüssigkeiten in Solarkonzentratoren. Das wiederum verspricht eine höhere Energieausbeute, was Produktions- und Speicherkosten senkt.

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Dieser Ansatz ist einer von dreien, mit denen die von Washington bezahlten Wissenschaftler hoffen, Solarkonzentratoren endlich wettbewerbsfähig und nachhaltig zu machen. Im letzten Januar veröffentlichte das National Renewable Energy Laboratory (NREL) eine Roadmap für neue Demonstratoren. Diese sollen zeigen, dass besagte Keramikpartikel, bei höheren Temperaturen arbeitende Schmelzsalzsysteme sowie eine Gas-basierte Wärmetransferflüssigkeit dazu führen könnten, dass bis 2020 Strom aus Solarthermie nur noch sechs US-Cent pro Kilowatt kostet. Dieses Ziel hatte das US-Energieministerium im Rahmen seiner "SunShot"-Initiative bereits im Jahr 2011 formuliert.

Das US-Energieministerium hatte im September angekündigt, dass es insgesamt 62 Millionen Dollar in ein gutes Dutzend interessanter Projekte stecken will, die diesen drei Methoden folgen. Forscher aus den Sandia-Labors, vom NREL, dem Savannah River National Laboratory sowie Brayton Energy haben gegenüber Technology Review bestätigt, dass sie Gelder aus diesem Topf beantragt haben – entweder als Einzelperson oder als Teams. Konzeptpapiere sollten im November eingereicht werden und die vollständige Bewerbung dann bis Mitte Januar 2018.

"Jeder im Bereich der Solarkonzentratoren hält dies für eine großartige Forschungschance", meint Cliff Ho, Sandia-Ingenieur und Forschungsleiter beim Keramikpartikel-Projekt.

Der große Vorteil von Solarthermie im Vergleich zur normalen Photovoltaik liegt in der Möglichkeit, Wärmeenergie einfacherer und kostengünstiger zu speichern als Elektrizität. Das bedeutet, dass solche Anlagen ihre Produktion leichter hoch und wieder runter fahren können, je nachdem, welche Nachfrage es im Stromnetz gibt. Und auch in der Nacht, in der Solarpanels keinen Strom liefern, sind sie Energieerbringer. Große, teure Akkuzwischenspeicher braucht es nicht.

Das Problem ist bislang allerdings, dass der Bau und Betrieb von Solarkonzentratoren sehr teuer ist. Ivanpah, eine Anlage in der kalifornischen Mojave-Wüste, kostete 2,2 Milliarden Dollar und nutzt 170.000 Spiegel. Das von BrightSource, NRG und Google erbaute Projekt sorgt bislang für viel Frust. Seit dem Produktionsstart 2014 gab es Probleme mit zu hohen Betriebskosten, geringer Stromausbeute, Feuern und der zuständigen Überwachungsbehörde, die die Anlage schon einmal abschalten lassen wollte. In den 80er Jahren versuchte die Firma Luz International neun Solarkonzentratoren einer älteren Generation ebenfalls in der Mojave zu errichten. Das Ergebnis: Die Anlagen rechneten sich wirtschaftlich nicht, nachdem Subventionen der Regierung gestrichen wurden. Luz-Gründer Arnold Goldman, der auch hinter BrightSource steckte, starb im letzten Juni.

Die "Levelized Cost of Energy"-Analyse des Bankhauses Lazard kam im letzten Jahr zu dem Schluss, dass die Kosten für eine Solarthermie-Anlage mit Turm samt Speicherung bei 119 bis 182 Dollar pro Megawattstunde liegen. Erdgasanlagen in "Combined Cycle"-Technik, wie sie heute gerne gebaut werden, kommen auf 48 bis 78 Dollar. Auf Kilowatt-Basis umgerechnet liegen die Kosten laut einer Untersuchung des NREL bei einem Achtel.

Forscher des US-Energieministeriums kamen zu dem Schluss, dass sich Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Solarthermie nur dadurch verbessern lässt, indem von klassischen Dampfturbinen auch superkritisches CO2 umgestellt wird – im Rahmen des sogenannten Brayton-Zyklus. Indem CO2 unter hohen Druck stark erwärmt wird, nimmt es die Form einer Flüssigkeit und eines Gases an, was die Energieumwandlung deutlich effizienter macht.

Laut einer in "Science" publizierten Studie aus dem vergangenen Mai könnte diese Technik die traditionelle Solarthermie 30 Prozent effizienter gegenüber konventionellen Dampfturbinen machen. Das Problem ist allerdings, dass die Hitzequelle mindestens 700 Grad Celsius erreichen muss, um ihr volles Potenzial zu entfalten. Zudem muss ein Wärmetransfersystem her, das mit solch hohen Temperaturen umgehen kann.

Alle drei vom NREL nun angegangenen Verfahren setzen auf Temperatursteigerungen, haben aber auch jeweils ihre eigenen Probleme. Schmelzsalze werden beispielsweise bereits getestet, allerdings noch nicht bei derart hohen Temperaturen. Diese erfordern wieder bessere Containment-Materialien, Rohrleitungen und Pumpen. Der Gasansatz mit relativ einfach zu handhabenden Stoffen wie CO2 oder Helium könnte simpler sein, allerdings muss hier erst einmal mehr daran geforscht werden, wie man die notwendige Energiemenge zu ihrer Zirkulation reduziert.

Die Keramikpartikel von den Sandia-Forschern in Albuquerque sind einem funktionierenden Prototypsystem am nächsten. Sie wurden erstmals im Juli 2015 im Turm platziert. Die Partikel bestehen vor allem aus Tonerde und Eisenoxiden. Nachdem sie durch die konzentrierten Sonnenstrahlen hindurchgefallen sind, werden sie mit einer Art Aufzug zurück an die Spitze des Turms geführt – in eine Kreislauf. Das Team erreichte so Temperaturen in Höhe von bis zu 900 Grad Celsius, wie Sandia-Ingenieur Ho berichtet.

Derzeit ist das System allerdings noch nicht mit weiteren Komponenten verbunden. Das Team hat allerdings bereits damit begonnen, mit Privatfirmen an einem Wärmetauscher zu arbeiten, der die Hitze der Partikel an unter Druck stehendes CO2 übertragen soll, das ebenfalls in einem Kreislauf zirkuliert.

Eine weitere Sandia-Gruppe arbeitet an superkritischen CO2-Zyklen. Das Team von Ho arbeitet aber auch bereits an einer eigenen Lösung. Geplant ist, den Wärmetauscher im März einzubauen und den superkritischen CO2-Kreislauf wenig später anzuschließen. Ein integriertes System wäre dann womöglich schon im Sommer 2018 fertig.

(bsc)